Das große Tuchwegziehen

ist bei einer Automobil-Ausstellung obligo. So auch bei der bis 7. November laufenden Tokyo Motor-Show. In diesem Fall wurde am Mercedes-Stand gestrippt: Concept Car F 400 Carving heißt der offene Zweisitzer - Er wurde prompt zum Star des diesjährigen Schaulaufens.

foto: daimlerchrysler

Einfach schräg

kommt der Forschungs-Speedster daher. Und das nicht nur in puncto Design: Die spektakulärste Neuerung des Autos ist eine automatische Sturzwinkelverstellung. Und das geht so: Fährt der F400 in eine Kurve, verstellt sich bei den kurvenäußeren Pneus je nach Fahrsituation der Sturz. Maximal kann die Schräglage der Reifen um einen Winkel von 20 Grad verändert werden, die Räder stützen den Wagen regelrecht ab.

foto: daimlerchrysler

Das Ergebnis:

"Ein Fahrwerk-System für Automobile von übermorgen", so die Untertürkheimer. Klitzekleine Grundvoraussetzung für den Technikzauber: Asymmetrische Reifen. Ergo: Hier steht entweder eine Revolution oder viel Arbeit für Mercedes bevor.

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Toyota zelebriert das Maskuline.

Der FSX hat alles, was ein Speedster so braucht: Lange Schnauze, kurzes Heck, einen 300-PS-4.3-Liter-V8 gepaart mit einer manuellen Sechsgangschaltung und den richtigen "Ich bring das Gerät mal ordentlich cool rüber"-Fotografen.

foto: toyota

Und natürlich: Silber sollst du sein, FSX.

Aber das ist eben Trend. Also noch mal:

foto: toyota

Silber! Hier kleidet es den Toyota POD.

Die Japaner präsentierten auf der Tokyo Motor-Show gemeinsam mit Tochter Daihatsu 27 Konzeptstudien. Ein deutliches Indiz für das Bemühen des größten japanischen Autoherstellers, aus dem faden Eck herauszukommen. Dieses Teil ist zwar extravagant, gemahnt jedoch an die Rückseite eines Bügeleisens. Und - ACHTUNG, Toyota - POD ist ein schönes Kürzel, heißt aber auf Englisch nichts anderes als "Wampe".

foto: toyota

Der Honda Unibox

zeigt eindruckvoll, was passieren kann, wenn japanische Ingenieure losgelassen werden: Nutz & Platz meets Gameboy.

foto: honda

Der Exhibitionist in uns strahlt.

Eine Menge pfiffiger Ideen, die sich normalerweise verstecken müssen, hier aber dank Plexiglas voll zur Geltung kommen.

foto: honda

Nur zum Beispiel:

Zusammenklappbarer Motorroller in den Seitentüren. Aus eins mach zwei oder drei. Auspacken und weiter geht´s... Traum eines jeden staugeplagten Japaners. Horrorvision eines jeden Verkehrsplaners.

foto: honda

Aber ganz im Ernst.

Honda kann auch anders und präsentierte in Tokyo mit dem DualNote ein ganz und gar verwegen geschnittenes Concept-Car. Unter dem Kleid der Mittelmotor-Flunder werkt ein Hybrid-Antrieb. Während der 3,5-Liter-V6 den Hinterrädern Dampf macht, werden die Vorderräder von zwei zusätzlichen Elektromotoren angetrieben. Ergebnis 1: Insgesamt 400 PS auf alle vier Räder. Ergebnis 2: Deutlich geringerer Kraftstoff-Verbrauch im Vergleich zu ähnlich Potentem.

foto: honda

Neustart.

Auto-Japan bäumt sich mit aller Kraft gegen die hartnäckige Wirtschafts-Rezession auf. Schmucke Volumensmodelle wie die neue Mittelklasse von Mazda versuchen Terrain gut zu machen.

foto: mazda

Der Mazda 6,

Nachfolger des biederen 626 hat alles, was ein potenzieller Bestseller braucht - Inklusive großzügigem Klarglas am Heck. Die Modell-Bezeichnung "Atenza" bleibt anderen Märkten als dem europäischen vorbehalten.

foto: mazda

Der Mazda RX 8 setzt die Wankel-Tradition fort.

Das knackige viertürige Coupe wird auf eine freundlich gestimmte Fan-Gemeinde treffen.

foto: mazda

Nissan

geht auf der Suche nach neuen Kunden keine Experimente ein. Die Anmutung des 350Z ist State of the Art, die Qualität von Material und Motoren eine gewohnt hohe. Das Coupe sollte Mitte 2002 europäisches Festland erreichen.

foto: nissan

Eine Extraportion Kraft

hat BMW dem Mini verordnet. Der Cooper S wird ab Frühjahr 2002 "Freude am Fahren" vermitteln. 163 PS hat das gar nicht mehr sooo kleine Kraftpinkerl. 7,4 Sekunden von Null auf Hundert und ein Durchschnittsverbrauch von 8,4 Litern sagt der Rationalist, "Ich will Kurve", sagt der Lufteinlass in der Motorhaube.

foto: bmw

Zwei verchromte Auspuffrohre

künden vom Power-Plus. Lederlenkrad, Lederschaltknauf und eine Edelstahl-Fußstütze zählen zum Serienumfang des Topmodells. Die Liste der möglichen Extras ist lang, ... sehr lang.

foto: bmw

Überhaupt die Deutschen:

Volkswagen präsentierte in Japan eine publikumsverträgliche Version des W12 Coupe. Der böse Bruder hatte nur Tage vor Beginn der Show im italienischen Nardo zehn internationale Geschwindigkeitsrekorde gebrochen. Der Supersportwagen mit dem superkompakten 600-PS-Zwölfzylinder soll in Serie gehen und VW das gewünschte Super-Image geben.

foto: volkswagen

Nach so viel Zukunft:

Die Tokyo Motor-Show warf auch einen Blick in die jüngste Vergangenheit: Ein Themenschwerpunkt ließ die Klassiker japanischen Automobilbaus aufleben. Hier traf man auf vertraute Namen. Etwa den Corolla von Toyota. Die 1966 begründete Modellreihe lief dem VW Käfer den Rang des weltweit meistverkauften Autos ab.

foto: toyota

Toyota konnte aber auch anders.

1967 zelebrierte der 2000 GT konsequenten Kopismus mit individuellen Einsprengseln. Hier hat man offensichtlich nach England geschielt.

foto: toyota

Subaru

demonstrierte bereits 1972 mit dem Leone die massenkompatible Umsetzung von 4 WD. Audi hieß übrigens damals noch Audi-NSU, der Name Quattro war einer Sängerin vorbehalten - Nur soviel zum historischen Kontext.

foto: subaru

Ganz am Anfang stand "Otomo",

das erste zur Gänze in Japan produzierte Automobil, 1924 war das. 2001 zeigt sich die Autoindustrie von den jüngsten Krisen schwer gezeichnet. Seit dem 11. September kollidiert Realpolitik mit Wirtschafts-Tamtam . Das Bemühen um Normalität prägte das Auftreten der Aussteller. Trotzdem gaben die Söhne Nippons bei der diesjährigen Tokyo Motor-Show ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Die neuen Studien und Modelle sind in bestem Sinne japanisch: Schräg, pfiffig, innovativ, anders.

LINK
Tokyo Motor-Show 2001

foto: tokyo motor show