Abstraktion. Für die einen Kunst in purster Form, für viele (noch immer) ein rotes Tuch, weil missverstandene Ausdrucksform. Da nützt auch eine gut dokumentierte Geschichte der abstrakten Kunst nicht. Und weil Bilder nun mal mehr als tausend Worte sagen, findet sich diese Weisheit in einem aktuellen Ausstellungskonzept der Universität für angewandte Kunst wieder.

Farbenlust und Formgedanken (vor kurzem noch im Heiligenkreuzerhof, Wien) zeigt im Schüttkasten Klement (bei Ernstbrunn, NÖ) noch bis zum 9. 9. Abstrakte Wege in Österreich 1900-2000. Ein Blick auf den Beginn des 20. Jahrhunderts beweist, dass Werke mit abstrakten Formen schon punktuell existent und jeweils für wenige Jahre im Kunstfeld eingebettet waren - ausgehend vom Ornament, abstrahierten oder reduzierten Formen. Etwa Josef Hoffmann um 1925 entworfenes Supraportenrelief und wo augenscheinlichen Analogien in Peter Koglers Siebdruck Ameisen von 1993 auftauchen.

Hier wird das Ornament bzw. Zeichen als Muster aufgegriffen und in seiner Vervielfältigung betrachtet. Die Addition von Zeichen wird zum Thema. Das Motiv der Vernetzung, ein Umschwenken im Blick vom Detail zum Ganzen lässt sich bei Peter Kogler, Norbert Trummer und Lisi Misera beobachten.

Zurück in die 20er-Jahre und dem "Wiener Kinetismus", der den rhythmischen Ablauf von Bewegungen zur Philosophie erkor. Johanna "Hansi" Reismayer, Hoffmann und Cizek-Schülerin, deren abstrakte Komposition von 1922 Bewegung verbildlicht und einer Skulptur Wander Bertonis - Bewegung III aus Stahl - von 1956 gegenübergestellt wird.

Parallel werden auch jene Pfade transparent, die Künstler auf ihrem Weg zur Abstraktion bestritten. Etwa Maria Lassnig, die von "der Vehemenz und Schnelligkeit der Entwicklung zu immer abstrakteren Formen" getrieben wurde und was schließlich im "Automatismus, dem Dahinschreiben von Formen, abgelöst von jeder Referenz zur Natur" mündete.


(DER STANDARD, Print, 1.09.2001)