Paris - Veteranen des Algerienkriegs haben vor einem Pariser Gericht eine Menschenrechtsklage wegen ihres 1962 erlittenen Unrechts eingebracht. An der Klage, die sich gleichermaßen gegen Frankreich und Algerien richtet, sind neun gebürtige Algerier beteiligt, die damals auf Seiten der französischen Armee kämpften. Die Klage lautet auf "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", wie Anwalt Philippe Reulet am Donnerstag mitteilte. Seine Mandanten verlangen eine Anerkennung des Unrechts, das damals mehreren zehntausend Helfern der französischen Armee ("Harkis") angetan wurde. Hunderttausende "Harkis", die in der damaligen französischen Kolonie zur Welt gekommen waren und sich als Franzosen fühlten, kämpften während des Algerienkriegs (1954-62) für die französische Armee und den Verbleib Algeriens bei Frankreich. Nach dem Frieden von Evian 1962, der Algerien die Unabhängigkeit brachte, wurden die "Harkis" entwaffnet und sich selbst überlassen. Schätzungen zufolge wurden danach zwischen 50.000 und 150.000 "Harkis" aus Rache von ihren algerischen Landsleuten massakriert. Mehr als 60.000 "Harkis" gelang es, nach Frankreich zu flüchten, obwohl der damalige französische Algerienminister Louis Joxe angeordnet hatte, die französische Armee solle sie im Stich lassen. "Demütigungen" Nach Angaben des Präsidenten des Nationalen Verbindungskomitees der Harkis, Boussad Azni, sind "Demütigungen" der vergangenen zwei Jahre dafür verantwortlich, dass nun eine Menschenrechtsklage eingereicht wurde. So sei ihnen untersagt worden, bei einer Gedenkveranstaltung am Pariser Triumphbogen einen Kranz niederzulegen. Der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika habe noch im Juni vergangenen Jahres bei einem Besuch in Paris gesagt, die "Harkis" hätten sich nicht anders verhalten als die französischen Kollaborateure während der deutschen Nazi-Besatzung in Frankreich. 1974 wurden die "Harkis" durch ein französisches Gesetz als Hilfstruppen der Franzosen anerkannt, in den achtziger Jahren erhielten 15.000 Familien Entschädigungen. Eine gerichtliche Verfolgung der Verbrechen von 1962 in Frankreich scheint wenig aussichtsreich, weil 1968 ein Amnestiegesetz erlassen wurde. (APA)