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Den Aktienmärkten, auch dem Segment der Biotechnologieaktien, fehlen gegenwärtig positive Impulse.Was kann den Biotechnologieaktien zu einem Aufschwung verhelfen? Frey: "Der Biotechnologiemarkt wird unter anderem durch zwei Impulse angetrieben: zum einen durch Produkte, zum anderen durch die politischen Rahmenbedingungen, im Moment zum Beispiel die Besetzung der Führung der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA. Entwicklungsdurchbrüche wie der Einsatz von monoklonalen Antikörpern in der Behandlung von Schuppenflechte oder anderer Autoimmunerkrankungen werden dem Markt neue Schubkraft geben. Wir erwarten weiterhin einen positiven Nachrichtenfluss zu Produkten, die sich in der Phase III oder im Zulassungsverfahren befinden: Als Beispiele zu nennen sind das Krebsprodukt Aranesp von Amgen, das Hepatitis-Präparat PEG-Intron von Enzon oder Xanelim von Genentech, das gegen Schuppenflechte eingesetzt wird. Bevorstehende Marktzulassungen könnten durchaus dem ganzen Sektor neue Impulse verschaffen." Inwiefern beeinflusst die FDA-Führung die Biotech-Aktien? Frey: "Seit Januar hat die Food and Drug Administration, die US-Zulassungsbehörde für medizinische Produkte, keine Führung mehr. Die frühere Chefin, Jane Henney, musste im Zusammenhang mit der Wahl von George W. Bush zum Präsidenten ihr Amt aufgeben. Das führte zu einer Verunsicherung der Anleger. Die Ernennung eines neuen FDA-Vorsitzenden wird dem Biotech- und Pharmabereich bestimmt helfen." Die Biotech Aktien waren dank ihrer überragenden Performance lange die Favoriten der wachstumsorientierten Anleger. Doch dann kam auch für diese Branche der Einbruch. Wie beurteilen Sie heute die Lage? Frey: "In den Industrieländern werden 1 bis 2% des Bruttosozialprodukts für Medikamente und 12 bis 15% für das Gesundheitswesen ausgegeben. Daher sehen wir auch für die Zukunft ein grosses Interesse am Gesundheitsmarkt. Der Bedarf an innovativen Medikamenten ist nach wie vor ungedeckt, dies nicht zuletzt wegen der demographischen Entwicklung in den Industrieländern. Zudem erzielen Nischenprodukte in Teilmärkten mit interessanten Margen gute Verkaufszahlen. Die Regierungen fördern gezielt die Entwicklung neuer Medikamente durch die Verbesserung des Zulassungsprozesses. Zum Beispiel mit Priority Reviews, Fast Track Status, die den Zulassungsprozess beschleunigen, oder dem Orphan Drug Status, der einem Medikament während sieben Jahren in den USA Marktexklusivität sichert. Sodann nutzten im vergangenen Jahr zahlreiche Biotech-Firmen das enorme Interesse der Anleger am Sektor, um über Kapitalerhöhungen Geld aufzunehmen. Daher ist heute für viele Unternehmen die finanzielle Situation für einige Jahre gesichert. Ein auf Wachstum ausgerichtetes Portefeuille sollte einen Anteil am Gesundheitsbereich - inklusive Biotechnologie - von 10 bis 15% aufweisen. Die Biotech-Industrie ist bereits 25 Jahre alt und etabliert. Es sind Produkte vorhanden, Verkäufe werden erzielt, oft auch Gewinne. Heute sind über dreissig Biotech-Gesellschaften profitabel, viele kommen in den nächsten Jahren dazu. Auf einen einfachen Nenner gebracht: Dieser Industrie geht es gut, und das wird in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren so bleiben. In letzter Zeit haben wir den Sektor indes als sehr volatil erlebt." Hat die lange Baisse der Anlagequalität der Biotech-Aktien geschadet? Sind tiefe Kurse Kaufgelegenheiten? Frey: "Die Baisse hat sicherlich geholfen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Trotz tiefer Kurse sollte man allerdings beim Kauf einzelner Aktien vorsichtig sein. Im BiotechSektor sind fundamentale Analysen gefragt. Die detaillierte Expertenanalyse der einzelnen Produkte ist wichtig. Dazu gehören die Werte der verschiedenen klinischen Tests, die medizinischen Wirkmechanismen oder die Tragweite der Nebenwirkungen. Auch muss man die tatsächliche Nachfrage, bestimmt durch die Epidemiologie und die Struktur der Gesundheitssysteme, für jedes Produkt genau kennen. Ebenso sollten die Eigenheiten der Gesundheitsbehörden berücksichtigt werden." Einige Ereignisse haben in letzter Zeit die Anleger zusätzlich verunsichert. Frey: "Richtig. Zum einen wies die FDA in den letzten Monaten mehrere Gesuche für die Zulassung neuer Medikamente ab. Das führte zu Spekulationen, das Amt sei langsamer und strenger geworden. Die FDA- Statistiken zeigen jedoch, dass das nicht der Fall ist. Einige Unternehmen übergehen wichtige Hinweise in Bezug auf klinische Studien, und so kommt es im Panel oder in der Zulassung zu einem bösen Erwachen. Zum anderen gibt das alte Thema der Forschung mit embryonalen Stammzellen Anlass zu neuen politischen Diskussionen - diese Woche im US-Repräsentantenhaus. Es kann dazu führen, dass in den USA öffentliche Gelder für Projekte mit embryonalen Stammzellen gestrichen werden. Wir erwarten nicht, dass das einen grossen Einfluss auf die Industrie haben wird, weil die Gesellschaften, die sich mit Stammzellen befassen, eine kleine, spezialisierte Gruppe darstellen, deren Geschäftsmodelle nicht mit denen von klassischen Biotech-Firmen zu vergleichen sind." Welches sind die vielversprechendsten Trends in der Biotech-Branche? Frey: "Eine Entwicklungslinie konzentriert sich auf die Behandlung altersbedingter Erkrankungen und chronischer Funktionsverluste, wie Erkrankungen des Zentralnervensystems und des Stoffwechsels. Hier gibt es viele Krankheiten, die nicht oder nur unzureichend behandelbar sind. Ich denke an neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Alzheimer oder Parkinson. Autoimmunerkrankungen - etwa Arthritis oder Diabetes - werden ebenfalls eine wichtige Rolle spielen." Kommen bei Investitionen derzeit für Sie auch auch Blue Chips in Frage? Frey: "Sie sind durchaus ein Thema. Die grossen Biotech-Gesellschaften haben bereits mehrere Produkte auf dem Markt, das Risiko eines Einproduktunternehmens besteht nicht. Allerdings muss man auch hier Produkte und Pipeline genau analysieren und auf die relative Bewertung der Aktien achten. Weil wir eine vernünftige Investitionsgrösse aufweisen, nehmen wir auch Chancen in kleineren Gesellschaften wahr."