Wien - Als Mads Winblad vor drei Jahren die Geschäftsführung des Handybereichs bei Nokia Alps (Österreich und Schweiz) übernahm, hatte jeder vierte Österreicher ein Mobiltelefon. Drei Jahre später haben drei von vier Österreichern ein Handy, was im europäischen Spitzenfeld liegt. Dienstagabend hat Winblad seine Koffer gepackt und ist nach Düsseldorf weitergezogen, wo er die Geschäftsführung für Nokias Handysparte übernommen hat. Seine Nachfolge in Wien tritt Heikki Tarvainen an. Keiner weiß besser als Winblad, dass die nächsten Jahre für Nokia und den gesamten Handymarkt nicht mehr solche Traumziffern bereithalten werden. "Die Märkte stabilisieren sich auf einem niedrigeren Niveau als im Vorjahr", sagt Winblad zum Standard bei seinem letzten Interview in Wien. "Der Verkauf von Terminals (Endgeräte, Anm.) ist rückläufig. 2000 wurden etwa 3,2 Millionen Geräte in Österreich verkauft. 2001 werden es 2,8 Millionen sein - etwa zehn Prozent weniger." Marktführer Nokia ist weltweit einer der letzten Hersteller, die mit Handys noch Gewinne erzielen. "Extremer Druck" "Die Betreiber werden mit der Subventionierung der Endgeräte aufhören, die Preise für Endverbraucher werden steigen." Der Markt stehe nunmehr unter "extremem Druck", durch die Entwicklung gefragter Dienstleistungen das weitere Wachstum sicherzustellen. Korrektur überzogener Erwartungen Winblad sieht darin die Korrektur überzogener Erwartungen, die "von der Industrie und von Journalisten angeheizt wurden". Im Gespräch zeichnet er auf einer Tafel in seinem Büro zwei Wellen: Die eine, die GSM-Welle, verebbt bereits, während die nächste, die erhoffte kommende UMTS-Welle, nur langsam einsetzt und erst ab 2003 bis 2005 kräftig steigt. Der Markt, erklärt Winblad, ist an dieser schwierigen Schnittstelle, an der eine Welle verebbt, aber die andere noch nicht da ist. Um diesen "herausfordernden Übergang" zu schaffen, müsse man mit all den bereits vorhandenen Möglichkeiten arbeiten, sagt Winblad: Darum würde Nokia mit dem "Communicator" (einem Telefon mit Organizer, das z. B. Bilder übers Internet verschicken kann) derzeit punkten, der schon lange vor UMTS eine Art erweiterten SMS-Dienst erlaubt. Eingebaute MP3- Player, mit denen Musik wie Klingeltöne verschickt werden kann, werden Anreize für neue Käufe geben. Die nötige Technik zur beschleunigten Datenübertragung sei bereits vorhanden (GPRS und HSCSD), noch ehe es die "richtige" dritte Generation - UMTS - gebe. Konzentration auf den Mehrwert Dazu müssen Hersteller wie Betreiber den Nutzen - und nicht die Technik - bewerben: "Dieses Bild zu verschicken kostet dank High Speed ein paar Schillinge" - das müsse die Aussage sein, nicht die Bewerbung von Kürzeln wie HSCSD (High Speed Circuit Switched Data). "Die Industrie muss sich auf den Mehrwert konzentrieren." Die Netzbetreiber hätten noch eine Reihe von Hausaufgaben zu machen: So gebe es weiterhin Probleme mit der "Interoperabilität", dem Zusammenpassen der Netze für grenzübergreifenden Datenverkehr (Roaming). So sind z. B. Wap-Dienste aus dem Ausland unzuverlässig und extrem teuer. GPRS (schnellere Datenübertragung im GSM- Netz) funktioniert einstweilen nur im jeweils eigenen Netz, und auch bei UMTS wird Roaming in der Startphase Schwierigkeiten haben. (Helmut Spudich, DER STANDARD, Printausgabe 30.8.2001)