"Wir machen aus unserem Privatleben kein Geheimnis", sagt Zeuge Richard Lugner. "Das ist bekannt", erwidert der Richter. - Jürgen genügte ein Internetanschluss, schon war er quasi im Kinderzimmer der Baumeisterfamilie. Und da im Kopf des 30-Jährigen leider nicht alles mit rechten Dingen zugeht, schrieb er Lugner spontan ein deftiges Erpresser-E-Mail: Er werde Tochter Jacqueline kidnappen und vergewaltigen. (Dazu schilderte er ein grausames Detail.) Allfällige Leibwächter würden von seinen Kumpels umgelegt werden. Anschließend würde er Lösegeld verlangen. Eine Summe nannte er nicht. Der Polizei verriet er später: "Ich hab an 140.000 Schilling gedacht." Damit wären seine Schulden gedeckt gewesen. "Da ist ja von jeder Gattung, wie man jemandem Angst machen kann, was dabei", bemerkt der Richter. "Ich weiß, es ist schlecht", sagt der Angeklagte. "Schlecht geschrieben?" - "Nein, schlecht. Das ist meine Krankheit, ich mach’ immer Blödsinn", erwidert der schmächtige Mann im Anzug. Jürgen sei seit der Geburt geistig behindert, sagt sein Anwalt: "Hart an der Grenze zum Schwachsinn." - "Aber er hat die Gesellenprüfung, so dumm kann er nicht sein", entgegnet der Richter. Zuletzt arbeitete er als Anstreicher in geschützten Werkstätten. Dem Richter gesteht er: "Ich bin schizophren. Ich hab’ ein zweites Ich." Ohne Tabletten kriege er einen "stärkeren Ton". - "Ich beschimpfe die Leute aufs Ordinärste." Am Abend der Tat konsumierte er Suchtgift, setzte sich vor den PC und dachte: "Schau ma beim Lugner eine." Prominente interessierten ihn prinzipiell. "Außerdem bin ich a bisserl pädophil", erklärt er dem Gericht: "Ich steh’ auf kleine Kinder." - Gott behüte, er würde ihnen nie etwas antun; er habe selbst zwei kleine Neffen. Sein Hauptmotiv für das Schreiben. "Es ist nicht gerecht, dass Lugner so viel Geld hat und ich nichts." Nach dem Erpressungsversuch legte er sich nieder. Am nächsten Tag hatte er die Sache vergessen. Erst die Polizei erinnerte ihn wieder daran. Zeuge Lugner war "erschüttert", als er die Drohung sah und verschwieg sie zunächst sogar seiner Frau. "Man kann ja die Tochter nicht unter einen Glassturz setzen", ärgert er sich. (Aber man muss sie auch nicht in die Auslage einer Homepage stellen.) Das Urteil: zwei Jahre Haft, mit Rücksicht auf Jürgens Geistesschwäche. "Wenn sich der Baumeister eine Dreiviertelstunde nicht traut, der Mausi etwas zu verraten, dann heißt das schon was", meint der Richter. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.8.2001)