Kapstadt - In der Region Chinhoyi, 120 Kilometer nordwestlich von Simbabwes Hauptstadt Harare, kommt es derzeit zu massiven Plünderungen. Marodierende Banden ziehen von Farm zu Farm, vertreiben das Vieh, zerstören die Felder und plündern die Häuser. Sie stehlen Traktoren und Lastwagen, auf denen sie alles abtransportieren, was ihnen in die Hände fällt: Möbel, landwirtschaftliche Geräte und Haushaltsgegenstände. "Schlimmste Anarchie" Aus Angst vor weiteren Übergriffen haben inzwischen viele weiße Familien ihre Farmen verlassen. "Hier herrscht schlimmste Anarchie", erzählt ein Farmer, der mit seiner Familie nach Harare geflüchtet ist. Auch die schwarzen Farmarbeiter wer 2. Spalte den angegriffen und vertrieben, ohne dass die Polizei eingreifen würde. Ein Großteil der etwa 400 Farmen der Region, die als Kornkammer und wichtiges Tabakanbaugebiet gilt, liegt inzwischen verlassen. "Wir müssten in den nächsten Wochen mit dem Pflanzen der Tabaksetzlinge beginnen", beschreibt der Präsident des Farmer-Verbandes (CFU), Colin Cloete, die verheerenden Folgen für die Landwirtschaft, "aber das ist in der jetzigen Lage unmöglich". Lebensmittelknappheit Tabak ist eines der wichtigsten Exportgüter des Landes, Ernteausfälle würden die dramatische Devisenknappheit Simbabwes noch verschärfen, die die Regierung Anfang Juni zwang, die Benzinpreise in astronomische Höhen zu treiben. Seither geht es Simbabwe von Tag zu Tag schlechter, in wenigen Monaten werden Maisvorräte und andere wichtige Lebensmittel knapp werden. Die von selbsternannten Veteranen aus dem Unabhängigkeitskrieg der siebziger Jahre und militanten Anhängern der Regierungspartei Zanu-PF vorangetriebenen Farmbesetzungen begannen im Februar letzten Jahres und haben inzwischen 36 Tote gefordert, darunter neun weiße Farmer. "Aufräumen" Präsident Robert Mugabe, der seit 1980 das Land regiert, will im nächsten Jahr wieder gewählt werden und hat seinen Anhängern in der schwarzen Bevölkerung eine Landreform versprochen, die mit den Folgen der Kolonialgeschichte "endgültig aufräumt". Es sei ungerecht, dass die 4500 weißen Farmer den Hauptteil des besten Bodens besäßen, sagte er kürzlich bei einem Treffen der "Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika" (SADC) in Malawi, wo er seine Landreform als "human" verteidigte. Obwohl das Verfassungsgericht in Simbabwe die Farmbesetzungen für illegal erklärte, beabsichtigt Mugabe, 95 Prozent der weißen Farmer entschädigungslos zu enteignen. Die Präsidenten der SADC haben inzwischen eine Delegation zusammengestellt, die mit allen Seiten des Konflikts in Simbabwe verhandeln soll. Die Oppossitionspartei "Bewegung für einen demokratischen Wandel" (MDC) befürchtet, dass die Auseinandersetzungen in den nächsten Wochen eskalieren könnten, und Mugabe den Notstand ausruft, um die Opposition mundtot zu machen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 29.8.2001)