Wien - Die börsenotierte Mayr-Melnhof-Gruppe mit Sitz in Wien bekommt die Verlangsamung der Konjunktur immer deutlicher zu spüren und steht vor einem schwachen zweiten Geschäftshalbjahr 2001. Obwohl der Karton- und Faltschachtelhersteller im ersten Halbjahr 2001 einen Rekord-Jahresüberschuss von 48,5 Mill. Euro (667,4 Mill. S) - das entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 47 Prozent - erwirtschaftete, rechnete MM-Generaldirektor Michael Gröller auf der Halbjahrespressekonferenz am Dienstag in Wien nur mit einem Gesamtjahresergebnis 2001 in Höhe des Vorjahres. Da dieses 66,7 Mill. Euro betrug, gilt es somit im zweiten Halbjahr noch einen Nettogewinn von 18,2 Mill. Euro zu erwirtschaften. Lagerabbau bei den Kartonverarbeitern und die Verlangsamung des allgemeinen Wirtschaftswachstums haben im zweiten Quartal zu einem Nachfragerückgang im Kartonbereich und damit verbunden zu Produktionstillständen im Ausmaß von 17 Prozent - das sind rund 64.000 Tonnen - geführt, führte Gröller aus. Die Kapazitätsauslastung sei in der Folge von 98 Prozent im ersten auf 83 Prozent im zweiten Quartal gesunken. Schwache Nachfrage und schlechte Auslastung erwartet Die weitere Nachfrage im dritten und vierten Quartal werde stark von der konjunkturellen Entwicklung abhängen. Gröller erwartet eine schwache Nachfrage und schlechte Auslastung im Karton- und Faltschachtelbereich. Den Auftragsstand bezeichnete der MM-General als unbefriedigend und weiter auf tiefem Niveau. "Es zeichnet sich keine Trendwende ab, wir sind ein konsumnahes Unternehmen", so Gröller. Es werden Abstellmaßnahmen einzelner Kartonmaschinen notwendig sein. Im Zusammenhang mit der schwachen Nachfrage und Auslastung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es in den zwei österreichischen Kartonwerken zu Kurzarbeit kommen wird. In den Kartonwerken Frohnleiten (Steiermark) und Kirschwang an der Rax (Niederösterreich) dürften laut Gröller rund 600 Beschäftigte davon betroffen sein. Sie wurden aber noch nicht angemeldet. Kartontochter Emil Christ wird geschlossen Auch im jüngst erworbenen deutschen Kartonwerk Gruber+Weber - ein starker Konkurrent, dem er "15 Jahre nachgelaufen ist", so Gröller - wird der Mitarbeiterstand von 250 auf 200 reduziert. Das deutsche Faltschachtelwerk Schött soll Anfang 2002 überhaupt geschlossen werden. Davon sind 50 Mitarbeiter betroffen, kündigte Gröller weiter an. Erst in der Vorwoche hat MM die Schließung der Schweizer Kartontochter Emil Christ bekannt gegeben. Dort werden alle 115 Mitarbeiter gekündigt. Ein großzügiger Sozialplan soll dabei Härtefälle vermeiden. Produktion und Vertrieb werden ins MM-Werk Deisswill verlegt. "Klopfen an alle Türen" Mayr-Melnhof (MM) ist nach der Beendigung der Kooperation mit dem US-Verpackungskonzern Wall weiter auf der Suche nach einem Übernahmekandidaten, um eine eigene Produktion für Zigarettenschachteln aufzuziehen. "Wir klopfen an alle Türen", sagte MM-Vorstand Wilhelm Hörmanseder am Dienstag bei der Halbjahresbilanzpressekonferenz in Wien. Technologisch gesehen sei des Ende des Joint Ventures mit der auf Zigarettenverpackungen spezialisierten Druckerei Wall MM Gravure im polnischen Krakau schade, wirtschaftlich nicht. Wall habe über eine hervorragende Karton-Tiefdrucktechnologie verfügt. In einem nächsten Schritt wolle MM entweder ein Unternehmen mit Drucktechnologie erwerben oder selbst aufbauen. Für eine Übernahme kämen mehrere europäische Unternehmen in Frage, noch sei aber keines konkret. "Im allgemeinen ist die Glaubwürdigkeit bei einer Akquisition schneller gegeben", sieht Hörmanseder Vorteile in dieser Art der Expansion. (APA)