Erst beim Sprechen über sich selbst hellt sich das Antlitz von Herrn Festival auf - freundlich vermittelt er seine Absicht, sehr konzentriert Aspekte der Szene ausschnitthaft präsentieren zu wollen. Natürlich dramaturgisch logisch und mit Bedacht auf die aktuelle Vielfalt. Nun, Vielfalt ist schwer abzubilden, da bräuchte Herr Festival schon zehn Tage. Immerhin aber hat er Trompeter Dave Douglas präsentiert und damit den Wesenskern des Aktuellen schon erfasst.
In Douglas treffen sich die Zeitgeister der Improvisationskunst; er vereint in sich jenen heute dominanten Duktus des polyglotten Alleskönners, der sein Heil in der subjektiven Auslegung des Vorhandenen sucht. Es geht nicht mehr darum, eine Sprache durchzusetzen, da es keine neue Sprache gibt. Wesentlich ist die Geburt des Individuellen aus dem Geist der Vorhandenen. Douglas' Überzeugungskraft treibt in Saalfelden witzige Blüten. Er trifft auf Freejazz-Veteranen wie Misha Mengelberg und Han Bennink, und plötzlich sind die wilden Opas in geordneten Strukturen tätig, arbeiten innerhalb einer Form. Ein kleiner Schritt für den Jazz, ein großer für die Opas, die bisher als Klassiker der Dekonstruktion agierten.
Überhaupt. Der Finaltag in Saalfelden war ein Beispiel für eine schöne verkehrte Welt: Der Klassiker des Verdreschens von Harmonie und Melodie, Peter Brötzmann, wirkte als behutsamer Wilder, der Improvisation von einem Dirigenten organisieren ließ! Dafür wirkt der subtile Louis Sclavis als Brötzmann-Reinkarnation, indem er auf Powerplay setzte.