Alpbach - "Das Ende des genozentrischen Weltbildes" sieht der Vorstand der Klinischen Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung an der Universitäts-Frauenklinik am Wiener AKH und Vorsitzende der Bioethik-Kommission, Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber, anhand der jüngsten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse gekommen. "Die Entstehung des Genoms kann nicht allein die Entstehung des Embryos sein", sagte Huber am Sonntag bei einem Vortrag bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen. Zur Entstehung von Embryonen bedürfe es vielmehr Signale des mütterlichen Körpers als entscheidende Voraussetzung. Nicht zum Zeitpunkt der Befruchtung - der Verschmelzung von Ei und Samenzelle - entstehe der "Bund fürs Leben", so Huber, sondern erst später durch so genannte epigenetische Faktoren, die darüber entschieden, ob die Befehle zur Genese des Embryos gegeben würden. Entsprechende Signale seien etwa beim erwachsenen Menschen entzündungsfördernde Substanzen wie Interleukin-2 oder LIF. Diese Faktoren kämen ausschließlich von der Mutter. Die Rolle des Vatikans Diese Erkenntnis gilt laut Huber auch für die evolutionsgeschichtliche Entwicklung des Menschen: "Es ist die Mutter, der wir den Sprung vom Primaten zum Menschen verdanken, nicht dem Genom." Auch das Beispiel des Klonschafs "Dolly" zeige, dass aus reifen Zellen Embryos gemacht werden könnten, wenn man nur die richtigen Steurungsvorgänge kenne. Gefahren für dem Menschen sieht Huber durch mögliche Manipulationen der Genexpression im Mutterleib. Nach Einschätzung von Huber hatte das bisherige "genozentrische Weltbild" einen "Koalitionspartner" im Vatikan. So habe der Vatikan in seiner Instruktion "Donum Vitae" ("Geschenk des Lebens") in den sechziger Jahren Empfängnisverhütung und später in "Humanae Vitae" die künstliche Befruchtung abgelehnt. Für beide Entscheidungen sei der heutige Papst Johannes Paul II, Karol Woityla, maßgeblich verantwortlich. Auch im deutschen Embryonenschutzgesetz von 1990 komme die genozentrische Interpretation zum Ausdruck. (APA)