Wien - Die geschäftsführende ÖGB-Präsidentin Renate Csörgits hat am Sonntag "Zurufe" von Regierungspolitikern in Richtung Gewerkschaft zurückgewiesen und die Forderung nach einer Absage der ÖGB-Urabstimmung über soziale Belastungen neuerlich zurückgewiesen. "Die Fragen der Urabstimmung werden kommenden Dienstag vom ÖGB-Präsidium beschlossen und anschließend der Öffentlichkeit präsentiert. Dazu brauchen wir weder Ratschläge noch Zurufe von Regierungspolitikern", so Csörgits. Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (VP) und FP-Klubchef Peter Westenthaler sollten sich vielmehr um ihre eigenen Probleme kümmern. Molterer und Westenthaler haben sich in Stellungnahmen am Wochenende über den Zustand des ÖGB besorgt gezeigt. Westenthaler wies Vorwürfe zurück, wonach die FPÖ die Gewerkschaften und die Arbeitenehmervertretung zerschlagen wolle. Der ÖGB habe eine wichtige Funktion, aber jedoch einen schweren Fehler gemacht: "Der große Irrtum des ÖGB war, dass er in den vergangenen Jahren zum Arm der SPÖ verkommen ist." Zur Urabstimmung sagte Westenthaler, es mache demokratiepolitisch durchaus Sinn, die Mitglieder zu befragen. Diese aber "als Instrument zum Aufhussen gegen die Regierungspolitik" zu verwenden, wäre Missbrauch. Dass eine Urwahl seitens des ÖGB bisher abgelehnt wurde, entspringt für ihn einem "typischen Reflex". ÖGB-Präsident Verzetnitsch und sein Vize Nürnberger stünden sinnbildlich für das "Schneckenhaus-Syndrom des alten Systems: Wenn man draufklopft, ziehen sie den Kopf ein". Selbstbewusstsein trotz der ÖGB-Krise demonstrierte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Hans Sallmutter. Bei der bevorstehenden Herbstlohnrunde rate er den Verhandlern auf Gewerkschaftsseite, "nicht allzu verschreckt und zurückhaltend zu sein". Das Wirtschaftsklima sei gut und die eigene Klientel habe durch die Politik der Bundesregierung Einkommenseinbußen erlitten. (Der Standard, Print-Ausgabe, 27.8.2001)