Wien - Vor wenigen Tagen informierte Manfred Nehrer, der Präsident des Künstlerhauses, die 470 Mitglieder des Vereins über die "finanzielle Katastrophe", vor dem die altehrwürdige Institution am Karlsplatz steht. Schließlich beendet das Kulturministerium, wie DER S TANDARD am 10. August berichtete, die Kooperation: Es verzichtet ab Februar 2002 darauf, das Künstlerhaus sechs Monate im Jahr anzumieten, um Ausstellungen der Bundesmuseen zu präsentieren.

Wie dieser Einnahmenentfall von zirka zehn Millionen Schilling jährlich ausgeglichen werden kann, steht nach wie vor in den Sternen. Architekt Nehrer fasst in seinem sorgenvollen Brief zusammen: "Nachdem uns das Bundesministerium jegliche Gesprächsbereitschaft verweigert hat, haben wir uns im letzten Halbjahr intensiv bemüht, sowohl mit dem Bundeskanzleramt als auch mit der Stadt Wien eine gemeinsame Lösung zu finden." Man hätte jedoch "kein konkretes Ergebnis" erzielen können.

Nehrers Appell

Manfred Nehrer appelliert nun an "die kulturelle Verantwortung", die eine Unterstützung des Künstlerhauses gebiete, und lud die Mitglieder für den 4. September zu einem Informationsabend ein, um mit ihnen die weitere Vorgangsweise zu diskutieren. Tatsächlich wird er beim Überlebenskampf nicht allein in der ersten Reihe stehen: Die vom STANDARD kontaktierten Mitglieder zeigten sich durchwegs erbost darüber, wie die Politik mit dem "k/ haus" verfährt.

"Der Herr Morak hat ansonsten immer die Gosch'n offen", ärgert sich zum Beispiel Adolf Frohner. "Aber dazu sagt der Kunststaatssekretär nichts. Ich bin sehr traurig, dass man eine Institution wie das Künstlerhaus verkommen lassen will. Diese Haltung zeigt wieder einmal das Desinteresse der Regierung an der zeitgenössischen Kunst." Sofort würde er, sagt der nie zimperliche Maler, eine Protestnote unterschreiben. "Aber nur, wenn sie entsprechend scharf formuliert ist. Lahme Enten brauchen wir nicht."

Auch der Architekt Gustav Peichl, politisch kaum auf Frohners Wellenlänge, aber ebenfalls traurig (weil der geplante Umbau beziehungsweise die unterirdische Erweiterung nicht zustande kam), würde einen Brief Nehrers an die politisch Verantwortlichen mitunterfertigen.

Schließlich, so Peichl, mache das Künstlerhaus nicht nur zeitgeistige Ausstellungen, sondern auch solche ohne modernistische Effekte. Und ein solches Programm "gehört gefördert".

Zudem sei das Künstlerhaus eine wichtige Alternative, meint Christian Ludwig Attersee: "Es ist eines der schönsten Ausstellungshäuser Österreichs - und einmalig in Wien: allein schon wegen der Größe und der Raumhöhe. Ich liebe das Künstlerhaus." Das Museumsquartier (MQ), das Kulturministerin Elisabeth Gehrer als Mitgrund für das Vertragsende angeführt hatte, könne solche Möglichkeiten nie bieten.

"Heiße Institution"

In die gleiche Kerbe schlägt auch Museumsfachmann Dieter Bogner: "Das MQ darf keine Ausrede sein für die Nichtförderung des Künstlerhauses. Wenn es eine so heiße Institution für zeitgenössische Kunst wie das Künstlerhaus gibt, sollten sich die Verantwortlichen alle Finger schlecken. Es ist mir unbegreiflich, dass die Politiker das nicht erkennen. Oder sie erkennen es und lehnen es daher ab: weil das Künstlerhaus einen solch großen Erfolg bei den jungen Leuten hat. Jeder der betroffenen Politiker sollte sich fragen, wie konservativ seine Kulturpolitik eigentlich ist. Ich bin wirklich empört."

Ach ja, Kulturstaatssekretär Franz Morak hat mittlerweile Gesprächsbereitschaft signalisiert. Und zwei Terminvorschläge unterbreitet. Allerdings erst Ende September. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. August 2001)