EU
Schröder sieht Tschechien bis 2004 in der Union
Beitritt hängt für deutschen Kanzler nicht von Temelin- Abschaltung ab
Prag - Bei einem Kurzbesuch in Tschechien hat der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder Prag indirekt eine Aufnahme in
die EU bis 2004 in Aussicht gestellt. Bei Skoda in Mlada Boleslav (Jungbunzlau) würdigte er die VW-Tochter als "europäisches
Erfolgsmodell". Bei einem anschließenden Treffen mit seinem tschechischen Amtskollegen Milos Zeman auf Schloss Sychrov in Böhmen sagte
Schröder, eine Teilnahme Tschechiens an den EU-Wahlen 2004 sei in deutschem Interesse.
Die Unterstützung Berlins für den EU-Beitritt Tschechiens werde nicht vom Abschalten des südböhmischen Atomkraftwerks Temelin
abhängig gemacht werden, meldete die Prager Nachrichtenagentur CTK. Schröder habe aber die deutsche Kritik an der Anlage wiederholt.
Skoda gutes Beispiel
Bei Skoda sagte Schröder, das Werk sei ein gutes Beispiel für die wichtigen Verflechtungen zwischen Unternehmen aus Kandidatenländern
und EU-Mitgliedsstaaten. Je enger diese Verflechtungen seien, umso milder werde der Beitrittsschock, betonte der deutsche Kanzler.
Er hatte im Rahmen seiner Sommerreise durch Ostdeutschland einen Abstecher nach Böhmen gemacht. Hauptthema der Reise ist die
EU-Erweiterung. In Ostdeutschland gibt es Ängste wegen eines möglichen Verdrängungswettbewerbs und wegen Lohndumpings. Schröder
bezeichnete den EU-Beitritt Polens und Tschechiens dagegen als "Riesenchance".
Hochrangiger Besuch in Mlada Boleslav
Auch der tschechische Industrieminister Miroslav Gregr und VW-Chef Ferdinand Piech waren nach Mlada Boleslav gekommen. VW war
1991 bei Skoda eingestiegen. Das Werk in Böhmen hat 26 000 Arbeiter.
Schröder sagte, Skoda sei nicht nur wirtschaftlich ein deutsch-tschechischer Erfolg, sondern auch zwischenmenschlich. Er traf auch mit
Vertretern von Gewerkschaften und deutschen Zulieferbetrieben zusammen. Skoda bezieht von dort viele Teile und sichert damit nach
eigenen Angaben auch Arbeitsplätze in Deutschland.
Am Nachmittag besuchte Schröder den "Bau der Versöhnung" in Liberec (Reichenberg), eine deutsch-tschechische Bücherei mit jüdischem
Gebetsraum. Am Abend wurde der Kanzler in Sachsen erwartet. (APA/dpa)