Kosovo
Serbische Regierungskrise: Kostunica gegen Neuwahlen
Jugoslawischer Präsident schließt Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Djindjic aus
Belgrad - Der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica hat anlässlich der tiefen Krise in der serbischen Regierungskoalition DOS
vorgezogene Parlamentswahlen in Serbien zunächst ausgeschlossen. Seiner Ansicht nach können Wahlen erst dann stattfinden, wenn zwischen
Belgrad und Montenegro eine Einigung über die Zukunft Jugoslawiens erzielt sei. Die Wahlen in Serbien würden dann "eine logische Folge der
Ereignisse" sein, so Kostunica laut dem Belgrader Sender "B-92". Tiefe Krise
Kostunica, der sich ab (heute) Mittwoch auf einer Rundreise durch Serbien befindet, bestritt bei einer Pressekonferenz in der
zentralserbischen Stadt Gornji Milanovac energisch Medienberichte, wonach der Anfang August ermordete Ex-Polizist Momir Gavrilovic an
einer von Kostunicas Kabinett angeblich vorbereiteten Umbildung der Geheimpolizei beteiligt gewesen sein soll. Gavrilovic sei gekommen, um
seine Besorgnis über die wachsende Kriminalität im Lande zum Ausdruck zu bringen, so Kostunica ohne jedoch ins Detail zu gehen. Die
Ermordung Gavrilovics am 3. August löste die bisher tiefste Krise in den Reihen des DOS-Bündnisses aus, nachdem aus dem Kabinett von
Kostunica durchsickerte, der Ex-Polizist habe Mitarbeiter Kostunicas auch über Verbindungen von Staatsfunktionären zur organisierten
Kriminalität unterrichtet.
Misstrauensvotum ausgeschlossen
Gegenüber der Tageszeitung "Blic" hatte Kostunica am Mittwoch ein Misstrauensvotum gegen die Regierung von Ministerpräsident Zoran
Djindjic ausgeschlossen. "Ohne eine Änderung in der serbischen Regierung und in ihren Aktivitäten wird es jedoch nicht gehen", erklärte
Kostunica. Diese Änderungen müssten es seiner Ansicht nach ermöglichen, den Reformprozess fortzusetzen und sowohl Korruption als auch
organisierte Kriminalität zu beseitigen.
Die Belgrader Tageszeitung "Glas javnosti" berichtet unterdessen über eine unverminderte Zahl von Morden in der Belgrader Unterwelt seit
dem Regimewechsel im letzten Oktober. Seit dem 5. Oktober sollen in der jugoslawischen Hauptstadt über zwanzig Menschen bei
spektakulären Mordanschlägen getötet worden sein. Keiner der Mordfälle wurde jedoch geklärt.
"Schon seit langem wird nicht mehr aus politischen sondern aus finanziellen Gründen getötet", so der frühere Polizeiinspektor Mladen Lojovic
laut dem Blatt. Nach Angaben des Spitzenfunktionärs der Demokratischen Partei Serbiens, Dusan Prorokovic, nimmt die Kriminalität in
Serbien seit Jahresbeginn monatlich um 15 Prozent zu. Dies könne nur zweierlei bedeuten: entweder sei die Polizei unfähig oder korrupt, sagte
Prorokovic. (APA)