Literatur
Ein "geflickter Lumpenkönig"
In einem bisher unbekannten Brief von 1933 übt Thomas Mann Kritik an Hitler
Frankfurt/Main - Einen bisher unbekannten, gegen das Naziregime gerichteten Brief
des Schriftstellers Thomas Mann aus dem Jahr 1933 hat die "Frankfurter Allgemeine
Zeitung" am Dienstag veröffentlicht. Darin setzt sich Mann kritisch mit der veränderten
politischen Lage nach Hitlers Machtergreifung 1933 auseinander. Unter anderem
bezeichnet er Hitler als einen "geflickten Lumpenkönig", der "schauerliche
Geschichtsfälschungen ... ins Mikrophon bellen darf". Die Deutschen seien so
"märchenthöricht", sich das gefallen zu lassen.
Mann schrieb den Brief am 4. Februar 1933, wenige Tage nach der Machtergreifung,
an den Historiker Eugen Fischer-Baling. Dieser, ebenfalls ein Hitler-Kritiker, hatte sich
in seinem 1932 erschienenen Buch "Volksgericht" mit den historischen Hintergründen
des Ersten Weltkriegs beschäftigt. Der Schriftsteller brach eine Woche nach Verfassen
des Briefes zu einer Vortragsreise nach Amsterdam, Brüssel und Paris auf. Anders als
geplant kehrte er von dieser Reise nicht nach Deutschland zurück; sie führte ihn ins
Exil in die Schweiz und später in die USA.
Der Brief stammt nach Angaben von FAZ-Feuilletonchef Patrick Bahners aus dem
Nachlass des 1964 gestorbenen Fischer-Baling und war bisher nicht veröffentlicht
worden. Die ersten bisher bekannten Äußerungen Manns gegen das Dritte Reich
stammen aus einem Brief von 1937. (APA)