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Standard: Herr Bundesminister, man hört immer wieder von E-Government. Gibt es das in Österreich eigentlich schon oder ist es noch immer nur ein Schlagwort? Grasser: Wir sind hier schon ein gutes Stück des Weges vorangekommen, wenn auch noch viel zu tun bleibt. Unser Bestreben ist es, die aktuellen Möglichkeiten der Informationstechnologie so zur Veränderung der Arbeitsabläufe einzusetzen, dass die Bürgerinnen und Bürger, die heimischen Unternehmen und auch die Verwaltung selbst davon profitieren. STANDARD: Wie soll das gehen? Grasser: Durch kürzere Bearbeitungszeiten, effizientere Datenverwaltung, den Wegfall von Amtswegen. Es muss sich die Verwaltung in einen modernen Dienstleistungsbetrieb verwandeln. Dienst am Kunden - also am Staatsbürger oder dem Unternehmen - bedeutet aus meiner Sicht, das Hauptaugenmerk auf die rasche, effiziente und qualitativ hochwertige Dienstleistung zu richten. Eben: Österreich neu verwalten. STANDARD: Also das heißt für unsere Beamten: Der Akt ist out, das File ist in? Grasser: Wenn Sie so wollen: Der elektronische Akt ist zweifellos ein wichtiger Schritt - weniger Papier, weniger Aktenlauf, weniger Liegen- lassen. Damit aber die Bevölkerung mehr und schneller Leistung bekommt, müssen auch die Entscheidungswege verkürzt, das Verantwortungsbewusstsein des einzelnen Beamten verändert werden, also: der Entscheidungsspielraum vergrößert, die Entscheidungszeiträume verkürzt und die Aufbauorganisation weniger hierarchisch gestaltet werden. Die Verwaltung ist ein großes Unternehmen und muss mit modernsten Managementinstrumenten geführt werden. STANDARD: Die EU hat in ihrem Programm E-Europa 2000 eine Grundlage für die Nutzung von E-Government vorgelegt; wo stehen wir da international gesehen? Grasser: Das Programm E-Europa ist Teil des "Lissabon-Prozesses", der dazu dient, aus der EU binnen zehn Jahren den dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Ich habe für Österreich selbst in die Diskussionen um den Lissabon-Prozess immer wieder die Bedeutung der Modernisierung der Verwaltungsabläufe eingebracht. Österreich liegt mit seinen E-Government-Aktivitäten im oberen Mittelfeld der EU. Wir streben im Rahmen der Verwaltungsreform an, an die Spitze zu gelangen. STANDARD: Bis wann erwarten Sie, dass E-Government in Österreich voll funktioniert? Grasser: Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Ein Staat, eine Verwaltung muss sich, wie alle sozialen Gebilde, immer ändern und anpassen. Die Abläufe sind nie so, dass man sagen kann, jetzt ruhen wir uns einmal zehn Jahre aus. Konkret heißt das, dass es hier in Zukunft immer Änderungsbedarf geben wird, weil immer neue Bereiche von E-Government erfasst werden. Für mein Ressort - und hier handelt es sich hauptsächlich um die Steuerverwaltung und die Zollverwaltung - glaube ich, dass wir in etwa drei bis vier Jahren weitgehend elektronisch mit unseren Klienten kommunizieren werden. Innerhalb des Ministeriums läuft bereits jetzt ein Großteil der Kommunikation elektronisch ab, wenn auch noch traditionelle Papierabläufe fortbestehen. STANDARD: Was ist der Vorteil für die Verwaltung? Grasser: Prinzipiell sehe ich die gleichen Vorteile, die auch privatwirtschaftliche Unternehmen dazu veranlassen, Milliarden in Informationstechnologie zu investieren: Viele Prozesse können schneller und in höherer Qualität bearbeitet werden, wobei sich oft auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter als Zusatznutzen ergibt. STANDARD: Wie profitiert der Bürger? Grasser: Auf der ganzen Linie: Er kann sich viel einfacher Zugang zu Informationen beschaffen, die für ihn wichtig sind; er muss kaum Wartezeiten in Kauf nehmen, kann alle seine Anliegen auf einmal an einem Ort erledigen und kann insgesamt einfach ein besseres Service für sich in Anspruch nehmen. STANDARD: Und was hat der Finanzminister davon? Grasser: Ich bin ganz besonders interessiert daran, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen - also unsere Kunden - die öffentliche Verwaltung im Allgemeinen und die Finanz im Besonderen nicht als Obrigkeitsstaat begreifen, sondern als Partner. Steuern zahlen und Zölle abführen ist für niemanden ein Spaß, sondern eine gesellschaftspolitische Notwendigkeit. Wenn wir durch E-Government unseren Klienten mehr Professionalität vermitteln können, stehen diese auch meinen Beamten und dem Staatsapparat als Ganzem positiver gegenüber. Zeitnahere und raschere Bearbeitung spart beim Kunden wie beim Beamten viele Ressourcen ein. Der Finanzminister kann seine Steuern näher am Geschäftsergebnis oder Einkommensanfall erheben, die nötigen Ausgaben rascher tätigen: Dadurch spart er Kosten, der ganze Apparat wird effizienter, die Gesamtbelastung sinkt, und allen geht es besser.