Kunst
Künstlerhaus: "Dramatische Situation"
Kündigung der Mietvereinbarung des Bundes bringt Existenzkrise
Wien - Die Nichtverlängerung des halbjährigen Mietvertrages mit dem Bund durch das
Unterrichtsministerium sei ein dramatischer Schlag für das Künstlerhaus Wien
(k/haus), das sich in den Jahren dieser 1997 getroffenen Vereinbarung mit
zeitgenössischen Ausstellungen "neu profilieren" konnte und das, wie
k/haus-Präsident Manfred Nehrer betont, seinen Eigenfinanzierungsgrad von knapp
über 20 Prozent auf nun 51 Prozent steigern konnte. "Vor den Kopf gestoßen"
Der mit dem Bund getroffene Vertrag sah in seiner Präambel eine längerfristige
Zusammenarbeit vor. Wobei vorgesehen war, jeweils nach fünf Jahren eine weitere
Vertragsverlängerung festzuhalten. "Wir fühlen uns vor den Kopf gestoßen" meint
Nehrer zu dem kalten Wind, der die Gesellschaft bildender Künstler mitten im Aufwind
trifft, in einer Situation, in der dem k/haus wieder eine breite Zustimmung in den
Medien und stetig steigendes Besucherinteresse zuteil wurde.
"Wir haben ein Riesenhaus zu erhalten, das auch ohne Ausstellungen immense
Kosten bringt. Ohne Unterstützung könnten wir das Haus den Großteil des Jahres
zugesperrt lassen und nur mehr für kleinere Ausstellungen der Mitglieder öffnen", so
Nehrer. Rund acht Millionen Schilling plus Betriebskosten erhielt das Künstlerhaus als
Miete für die halbjährliche Überlassung der Ausstellungssäle für
Großausstellungsprojekte, die zumeist vom Kunsthistorischen Museum organisiert
wurden.
Stadt Wien ist säumig
"Die Stadt Wien hat für das Haus nichts getan", meint Nehrer, bis maximal zwei
Millionen Schilling seien von der Stadt Projekte gefördert wurden, in dieser Höhe
bewegten sich auch die Subventionen des Kunststaatssekretariats. Nehrer nennt
dagegen eine jährlichen Subventionsbedarf von mindestens 10 Millionen Schilling.
"Nur so ist der Bestand des Hauses weiter garantiert. Dieser Betrag ist eine gute
Anlage für das österreichische Kulturleben". Positive Signale von Wiens Kulturstadtrat
Andreas Mailath-Pokorny (S) seien an die Bedingung geknüpft, dass auch der Bund
eine Finanzierungsverpflichtung übernimmt.
Das Künstlerhaus, nach Plänen von August Weber im Stil der Renaissance wie eine
Villa im Park am Ufer des Wien-Flusses situiert, liegt nun schon lange nicht mehr in
einer Flusslandschaft, sondern am Verkehrsfluss und seit zwei Jahren an einer
U-Bahnbaustelle. Eine Situation, die so Nehrer eine "immense Beeinträchtigung" für
das Haus bedeutet, dessen Haupteingang gesperrt werden musste. Doch auch für
eine architektonische Neugestaltung der Künstlerhaus-Umgebung mit Musikverein
und Historischem Museum der Stadt Wien (für die die Gesellschaft bildender Künstler
einen Ideenwettbewerb initiiert hatte), gebe es seitens der Stadt Wien keine positiven
Signale.
Privates Mäzenatentum
Das 1868 eröffnete Künstlerhaus war das erste von Künstlern selbst errichtete
Ausstellungs- und Vereinshaus im gesamten deutschsprachigen Raum, finanziert
durch privates Mäzenatentum. Die Erhaltung des repräsentativen
Gründerzeitgebäudes hat die Gesellschaft bildender Künstler in den letzten
Jahrzehnten immer wieder vor Probleme gestellt. Verkaufsüberlegungen wurden
kolportiert, 1996 scheiterte eine langfristige Mietvereinbarung mit dem Sammler
Karlheinz Essl am Widerstand der Generalversammlung. Eine Vereinbarung mit dem
Unterrichtsministerium schien dem damaligen Präsidenten Peter Kodera keine
ausreichende und verlässliche Zukunftssicherung in Zeiten knapper werdender
Budgets sein, er warnte damals davor, dass dies nur "eine Verlängerung des Status
quo" bedeute.
Mitgliederversammlung am 4.9.
Eine Mitgliederversammlung am 4. September wird nun wiederum eine, so Nehrer
"dramatische Situation" zu beraten haben. SPÖ-Kultursprecherin Christine Muttonen
appelliert unterdessen an Ministerin Gehrer, die Aufkündigung des Vertrages zu
überdenken und warnt vor der "unwiderbringlichen Zerstörung" des mühsam
erarbeiteten Images des Hauses. (APA)