Wie (fast) jeder große Künstler war auch Johann Nepomuk Nestroy ein Opfer seiner Obsessionen und Einbildungen. In Mödling nähert man sich dem Theatergenie erfrischend respektlos-ironisch an.


Mödling - Es ist ein höchst betrübliches Kapitel, wie Nestroy alljährlich im so genannten Sommertheater mitgespielt wird. Von dieser Regel gab es bis jetzt auch im Jubiläumsjahr keine Ausnahme. Doch nun hatte Bruno Max mit seinem "Theater zum Fürchten" die mit Abstand originellste Idee, dem Possenklassiker zu huldigen:

Der Impresario lädt zu "Herz-Stich. Nestroy. Im Bunker", einem "Korso durch die Ängste des Johann Nepomuk K." in die finsteren, kalten ehemaligen Luftschutzstollen zu Mödling. Da steht man in der Brühler Straße unter den Kalkfelsen Mödlings vor einem Beton-Schlund, der wirkt, als ob die Eintretenden ruhig alle Hoffnung fahren lassen können.

"Welcome in Nestroy-Land!"

Es beginnt dann auch wie eine Reise ins Herz der Kommerz-Finsternis. Da wird man von einer schnatternden Touristen-Einsatzleiterin im "Nestroy-Land" empfangen. Keine Angst, es ist nur ein Alptraum Nestroys, der gleich aus dem kühlen Dunkel in der Person von Georg Kusztrich selber auftritt und aus seinem Testament zitiert: "Mir soll ins Herz gestochen werden", um sich anschließend in den Sarg zu legen. Es war eine der Urängste Nestroys, lebendig begraben zu werden.

Einfallsreich inszenierte Grottenbahntour

Damit startet eine von Bruno Max mit 25 Schauspielern einfallsreich inszenierte Grottenbahntour, durch die Abgründe sowie Obsessionen des Possenmeisters und seiner Figuren. Viele überraschende, wundersame Bilder tun sich da auf in den düsteren Stollen. Etwa jenes von der in einem Vogelkäfig gefangenen Adelheid (Sibylle Kos) aus Nestroys "Der gefühlvolle Kerkermeister". Oder der erbarmungswürdige Selbstmörder (grandios: Michael Reiter) auf einem Tisch, den Strick um den Hals (aus "Der Schützling"). Empfehlung!
(loh/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 8. 2001)