Prag - Das umstrittene Atomkraftwerk Temelin in Tschechien wird nach Ansicht von Direktor Frantisek Hezoucky 50 bis 60 Jahre in Betrieb bleiben. Die Anlage, die seit Oktober 2000 im Probebetrieb läuft, produziere Strom drei Mal billiger als in Deutschland, sagte Hezoucky der Prager Zeitung "Pravo". Temelin lief am Sonntag nach einer dreimonatigen Reparatur mit 54 Prozent Leistung und speiste etwa 470 Megawatt ins tschechische Netz. Deutschland und Österreich fordern wegen angeblicher Mängel die Stilllegung. Temelin spiele vermutlich während des Tschechien-Besuchs von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Dienstag eine Rolle, sagte der stellvertretende tschechische Ministerpräsident Pavel Rychetsky. Er sei aber überzeugt, dass "der verantwortungsbewusste Politiker Schröder diese Teilangelegenheit nicht zum Gegenstand eines öffentlichen Auftritts machen" werde, zitierte "Pravo" den Sozialdemokraten. Der deutsche und österreichische Wunsch nach Sicherheit von Temelin sei jedoch legitim, unterstrich Rychetsky. Probebetrieb endet erst 2002 Dagegen warf Direktor Hezoucky dem deutschen Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vor, bei seiner Kritik an dem südböhmischen AKW eine Studie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) ignoriert zu haben. Die deutschen GRS-Experten seien mit Temelin zufrieden gewesen, sagte der 59-Jährige. Hezoucky wies die Behauptung zurück, Temelin-Strom werde zu Dumping-Preisen abgegeben, und wandte sich gegen Kritik an der fehlerhaften Technik der Anlage. Die entdeckten und beseitigten Probleme seien in Temelin nicht häufiger als in AKWs des gleichen Typs weltweit, sagte Hezoucky der "Pravo". Er räumte ein, dass dem Betreiber CEZ wegen der reparaturbedingten Verzögerung des kommerziellen Betriebs täglich umgerechnet 2,53 Millionen Schilling (184.065 Euro) entgehen. Wegen eines Turbinenschadens kann Temelin vermutlich erst im Jänner 2002 den Probebetrieb abschließen. Ursprünglich sollte dies bereits vor zwei Monaten der Fall sein. (APA/dpa)