Wien - Die Realität übertrifft die schlimmsten Befürchtungen: Philips Österreich muss kräftig sparen und kürzt seinen Personalstand um ein Viertel. Wie Philips-Österreich-Chef Paul Starrenburg im Gespräch mit dem STANDARD ausführt, streicht der niederländische Elektronikriese bis Ende nächsten Jahres 1200 Jobs. Besonders schwer betroffen ist, wie angekündigt, das Videowerk in Wien, wo die Produktion und Entwicklung von analogen Videorekordern eingestellt und 850 Mitarbeiter abgebaut werden. Philips steigt aus dem im Vorjahr auf Hochtouren laufenden Geschäft mit Videorekordern nicht aus, kooperiert künftig aber mit dem japanischen Marktführer Funai. Die Japaner übernehmen die Produktion für Europa, Philips konzentriert sich auf Marketing und Vertrieb. Aus für Video aus Wien Dahinter steckt nicht nur die Redimensionierung des unter Druck geratenen Video-und TV-Spezialisten, sondern auch ein Generationswechsel von der Analogtechnik zu Digitalsystemen. "Hinzu kommt, dass die Consumerelektronik im Vorjahr zwar Absatzzuwächse, aber einen extremen Preisverfall verzeichnet hat", sagte Starrenburg. Im Jahr 2000 wurden mit weltweit 60 Mio. Stück so viele Videogeräte wie nie zuvor abgesetzt, im ersten Halbjahr 2001 ging das Volumen aber zurück. Hoffnungsträger ist nun die Digital Versatile Disc (DVD), die Nachfolgerin von CD und Video, mit der Spielfilme aufgezeichnet werden können und Spracherkennungssysteme. Bis Ende 2002 sollen in Wien rund 500 neue Jobs für DVD-Entwickler entstehen. "Die DVD zeigt ein massives Wachstum wie das Handy", übt sich Starrenburg in Optimismus. Philips will sich in Wien ausschließlich auf Entwicklung und hochautomatisierte Produktion konzentrieren und speckt dafür von 4100 auf 2900 Beschäftigte ab. Weitere 120 Dienststellen gehen im Faxbereich durch bereits angekündigte Auslagerungen nach Ungarn verloren. Das Aus bei Videos macht auch "Modifizierungen" im Leiterplattenbereich notwendig, was 230 Arbeitsplätze kostet. Vom Jobabbau nicht betroffen sind die beiden Philips-Standorte Klagenfurt (Haushaltsgeräte) und Gratkorn (Semiconductors). Die 1200 überzähligen Mitarbeiter werden nicht von heute auf morgen auf die Straße gesetzt, sondern bei der Jobsuche unterstützt und umgeschult. "Viele haben ausgezeichnete elektromechanische Kenntnisse, die anderswo sicher gefragt sind", ist Starrenburg überzeugt. Auch ein Sozialplan sei vereinbart worden. Die Stadt Wien regt die Schaffung einer Arbeitsstiftung an, was zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten und eine Ausweitung des Arbeitslosengeldes auf bis zu vier Jahre bedeuten würde. (Luise Ungerboeck, Der Standard, Printausgabe, 17.8.2001)