Vor vier Jahren fand Sybille Stewart ein Haus an der Burgmauer von Köszeg, es war in bedauerlichem Zustand, sie steckte in Folge all ihre Energie (und knappe drei Millionen Schilling, in Ungarn ist das viel) in die Renovierung, 130 Container Schutt wurden abtransportiert. "Und als ich sah, dass das Ziegelgewölbe im Keller in einem Topzustand und das Haus für uns ohnehin zu groß war, bot sich die Nutzung als Lokal ganz einfach an." Mit Gastronomie hatte die aus Österreich stammende Frau, die lange in München lebte, vorher eigentlich noch nie etwas zu tun, ging bei der Konzipierung also schlicht danach vor, was sie als Gast selber schätzen würde. Um das Design kümmerte sie sich in Eigenregie, was zum Beispiel zu spektakulären Leuchtkörpern aus alten Wiener Waschtischen vom Schuttplatz und antiken Heizspiralen oder zu einer massiven Bar aus den uralten Eichentreppen des alten Hauses führte. Überhaupt wird eine Atmosphäre vermittelt, die ein bisschen an die Szenerie eines amerikanischen Fantasy-Filmes mit vielen Rittern, Elfen und Burgfräuleins erinnert, vordergründiger Kitsch findet zwar nicht statt, ist aber in der Ferne wahrnehmbar. Die ursprüngliche Idee, das Lokal zu bekochen, war erst einmal der Heurige, "aber dann wollte ich eigentlich mal eine andere Küche als immer nur die ungarische hier haben". Sie entschied sich also für im weitesten Sinne Südeuropäisches, und das, obwohl Sybille Stewart in ihrer "Taverna Florian" ausschließlich mit jungen Köchen aus Köszeg arbeitet, die zum Teil aus ihrer Heimatstadt kaum jemals herausgekommen sind. Ein anderes, fast größeres Problem ist, erzählt sie, dass qualitative Zutaten ausschließlich über Budapest, nicht aber aus der Region bezogen werden können, was der Frische natürlich nicht immer zuträglich ist. Die gegrillten Austernpilze waren jedenfalls tadellos, mit feinem Holzkohlenaroma unterlegt und kernig im Biss (HUF 490 / öS 25,3 / EURO 1,84), die geröstete Gänseleber mit Zwiebeln auf der eher deftigen Seite (HUF 860 / öS 44,4 / EURO 3,23), der gegrillte Pecorino mit Zitrone nicht gerade die hohe Schule, aber der Herzhaftigkeit der Umgebung absolut entsprechend (HUF 690 / öS 35,6 / EURO 2,59). Die Salate sind - wie alle Portionen - riesig dimensioniert, strotzen vor diverser Beigaben wie Speck, Filetspitzen, Thunfisch, Putenstreifen und so weiter, die Pasta erfreut sich überhaupt großer Beliebtheit. "Konzipiert wurde die Küche natürlich eher für die Ungarn, aber vor allem die ausländischen Führungskräfte in Ungarn ansässiger Unternehmen kommen gerne her", verrät Stewart, "Österreicher auch sehr viele, aber von weiter weg. Burgenländer sind eher die Seltenheit." Vielleicht weil sie Gegrilltes nicht so mögen (unwahrscheinlich!), denn davon gibt es in der "Taverna Florian" jede Menge, und zwar von jedem Tierchen. Zander mit Spinatsauce zum Beispiel (HUF 1390 / öS 71,7 / EURO 5,21) oder die unvermeidliche Gänseleber mit Tokajer-Sauce, Trauben und Rösti (HUF 2250 / öS 116,14 / EURO 8,44). Alles natürlich von eher kräftiger Bauart, aber zusammen mit den interessanten und teilweise hervorragenden Weinen aus Ungarn und zu diesen Preisen (etwa um ein Drittel weniger als in Österreich) ein äußerst erfreuliches Erlebnis - wie man es im benachbarten Bezirk Oberpullendorf lange suchen muss. (Florian Holzer)