Das Papier, das die Staatsanwältin Anna Canepa am Montag im Verhandlungssaal des Genueser Justizplastes dem Gericht vorlegte, war als Belastungsdokument gedacht. Doch es richtet sich nicht gegen jene, die es belasten soll. Der Bericht der Carabinieri-Sondereinheit ROS ("Reparto operativo speciale") verweist auf die "einschlägige Vormerkung" von vier Mitgliedern des VolxTheaters, denen "eigentlich die Einreise nach Italien untersagt werden sollte".

Das Brisante an dem Bericht ist der Zusatz: Einschlägige Nachfragen in Wien "haben ergeben, dass Mitglieder der VolxTheaterKarawane gemeinsam mit Black Block an gewalttätigen Ausschreitungen gegen die Polizei teilgenommen haben". Eine Aussage, die der des österreichischen Innenministeriums eklatant widerspricht. Die Information wurde telefonisch eingeholt. Mit wem hat die Sondereinheit in Wien gesprochen? Wer hat die Aktivisten so diskreditiert?

Nach der Freilassung der meisten Jugendlichen bleiben viele Fragen offen: nach der Vorgangsweise der Polizei, dem Funktionieren der Justiz, dem Einfluss der Medien.

Fünf Stunden, nachdem CNN ihren Satellitenwagen vor dem Gerichtsgebäude geparkt hatte, wurde die Amerikanerin Susan Thomas in die USA ausgeflogen. Die 21-jährige Studentin aus New Jersey war innerhalb weniger Tage aus dem totalen Desinteresse zur Ikone der amerikanischen Medien aufgestiegen.

Die Tochter einer frommen Quäkerfamilie, die im Gefängnis "viel betet", die Pazifistin, die Opfer willkürlicher Polizeigewalt wird, die weinende Mutter, die im Fotoalbum blättert - ein Idealfall für die US-Medien. Da konnten die beiden Landsleute, die aus der Haft direkt zum Mailänder Flughafen gebracht wurden, nicht mithalten. Und erst recht nicht jenes slowakische Paar, das ebenfalls mit der Karawane verhaftet wurde und das von eigenen Konsularbehörden ebenso stiefmütterlich behandelt wurde wie von der internationalen Presse.(DER STANDARD, Print- Ausgabe, 16.8.2001)