Wien -Die Europäische Kommission wirft Österreich im Zusammenhang mit der BSE-Problematik schwere Versäumnisse, Schlampereien und mangelnde Kontrolle vor. Ein Inspektionsteam der Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz hatte die Kritikpunkte bei einem offiziellen Kontrollbesuch (Bezugsnummer GD SANCO/ 3229/2001) im Frühjahr gesammelt, ein entsprechender Bericht wurde jetzt Ende Juli fertig gestellt. Den wohl schwerwiegendsten Vorwurf erhebt die EU-Kommission wegen schlampiger Kontrollen. Die Inspektoren in ihrem Resümee: "Wenn kontaminiertes Fleisch-Knochen-Mehl auf den österreichischen Markt gelangt ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Tiere mit dem BSE-Erreger in Berührung gekommen sind, weil das Verfütterungsverbot nicht effektiv überwacht wurde." An Behörden vorbei Die EU-Experten fanden in Österreich auch "kein effizientes Kontrollsystem" zur Überwachung der Entsorgungskette von Risikomaterial vor. Es ist - dem Bericht nach zu schließen - daher durchaus möglich, dass BSE-Risikofleisch in Umlauf gekommen ist. Der EU-Bericht im Wortlaut: ". . . die Tatsache, dass keinerlei Abgleich der von den Schlachtbetrieben an die Beseitigungsanstalten gelieferten Mengen an Risikomaterial stattfindet, bedeutet, dass Risikomaterial aus dieser Entsorgungskette verschwinden kann, ohne dass dies von den Behörden bemerkt wird". Mit ein Grund für die mangelnde Überwachung der BSE-Problematik sei die österreichische Rechtspraxis, die "keine harmonisierten Regeln für die Überwachung von BSE in den einzelnen Bundesländern" vorsehe. Ein zentraler Punkt liege aber auch in der Personalpolitik. Wegen der "knappen Personalausstattung auf allen Ebenen der Veterinärdienste konnte (. . .) nicht in ausreichendem Maße kontrolliert werden." In einer im Bericht zitierten Stellungnahme zum EU-Bericht lassen die österreichischen Bundesstellen die Kommission wissen, dass sich an diesem Zustand wenig ändern werde, denn "aufgrund der Personalsparmaßnahmen des Bundes" sei "nicht mit einer Vermehrung der Personalkapazität zu rechnen". Zum Rüffel aus Brüssel kommt jetzt auch saftige Kritik aus Österreich. Die Umweltsprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, wirft Gesundheitsminister Herbert Haupt vor, "offensichtlich bis jetzt untätig gewesen zu sein". Glawischnig im Gespräch mit dem STANDARD: "Dass Minister Haupt immer noch behauptet, dass er in Sachen Lebensmittelsicherheit verstärkt Kontrollen durchgeführt hat, ist angesichts des EU-Berichts ein Skandal. Wir verlangen einen sofortigen Ausbau der Lebensmittelkontrolle." (Walter Müller, DER STANDARD Print-Ausgabe 14/15. August 2001)