Anlässlich einer Literaturdiskussion in Edinburgh am Montag äußerte sich die Autorin Doris Lessing laut "The Guardian" explizit gegen die "denkfaule und heimtückische Kultur" des Feminismus. Die Schriftstellerin, die gegen ihren Willen zu einer literarischen Heldin der Frauenbewegung der 70er wurde, meinte zwar, dass die Frauen dem Feminismus viel zu verdanken hätten - "Wir haben einiges an Möglichkeiten dazugewonnen, sei es in finanziellen Dingen oder privaten." -, doch fragt sich die mittlerweile 81-Jährige auch: "Warum hat diese Entwicklung auf Kosten der Männer stattfinden müssen?" Sie sähe überall diese vielen wunderbaren, intelligenten, kraftvollen Frauen, aber was sei mit den Männern? Bei denen konstatierte Lessing eine Form von kollektiver Eingeschüchtertheit, der ein Ende bereitet werden muss. Perfide Welt Sie berichtete über einen Besuch in einer Schule, in der die Lehrerin Beifall heischend erklärt habe, Kriege seien auf die angeborene Gewalttätigkeit von Männern zurückzuführen. "Da saßen die kleinen Mädchen fett, selbstgefällig und eingebildet, während die kleinen Jungs zusammengesunken waren, sich für ihre Existenz entschuldigten und dachten, dass das so ihr ganzes Leben lang weitergehen würde. Das passiert überall in den Schulen und niemand sagt ein Wort." Es sei an der Zeit, "dass wir uns fragen, wer eigentlich diese Frauen sind, die ständig die Männer abwerten." Und die Antwort darauf blieb sie nicht schuldig: "Die dümmsten, ungebildetsten und scheußlichsten Frauen" sind es, die "die herzlichsten, freundlichsten und intelligentesten Männer" kritisieren dürfen. Sie forderte die Opfer zur Gegenwehr auf: Wider diese "sinnlose Erniedrigung" von seiten der Frauen, deren Habitus es allerwelts sei, "auf Männer einzudreschen". Vergangenheit Als der Fischer Verlag "Das Goldene Notizbuch" (1962) von Doris Lessing als "einmalige Jubiläumsausgabe" herausbrachte, gingen Hunderttausende von Exemplaren über den Ladentisch. Die Hauptfiguren Romans in realistisch-sozialkritischer Tradition sind Frauen. Frauen, die sich aus Ehen gelöst haben, die neue Beziehungen eingehen, beruflich wie privat. Frauen, die nach politischer Identität suchen und sie mit persönlichen Gefühlen zu vereinbaren trachten. Die deutsche Frauenbewegung der 70er erkor das Buch zur Fibel des damaligen Feminismus - dabei hatte Lessing ihr Buch nicht an diese Leserinnen-Schicht adressiert... Verärgert ob der "feministisch eingeengten" Wahrnehmung ihres Romans trat sie mit Erklärungsversuchen in öffentlichen Diskurs und suchte Distanzierung vom Komplex Feminismus, dessen "große Energie in heißer Luft und schönen Worten verloren gegangen" sei, wie sie in Edinburgh betonte. Zukunft Schreiben will Lessing künftig nicht mehr, zumindest nicht den dritten Teil ihrer Autobiografie. Es kümmere sie nicht mehr. Vielleich ist ihr die Energie durch die Verwechslung von (schönen) Worten mit heißer Luft verloren gegangen... (APA/dpa/red)