Belfast - Die nordirische Untergrundorganisation IRA hat ihr Entwaffnungsangebot am Dienstag nach nur fünf Tagen zurückgezogen und damit allen Friedenshoffnungen für die Unruheprovinz einen schweren Schlag versetzt. Grund sei die Ablehnung ihres Vorschlags durch die Protestanten, erklärte die Irisch Republikanische Armee in Belfast. Zudem habe die britische Regierung ihre im Karfreitagsabkommen von 1998 eingegangenen "Verpflichtungen" nicht erfüllt. London bedauerte den Schritt, unterstrich aber, er ändere nichts an der Situation. Vertreter der Protestanten sprachen hingegen von einem "Schachzug". Die IRA hatte in der vergangenen Woche angeboten, ihre Waffen "vollständig und nachprüfbar unschädlich" zu machen, dabei aber keinen Zeitrahmen genannt. Die größte Protestantenpartei UUP hatte das Angebot deshalb als nicht ausreichend zurückgewiesen. USA fordern IRA zum Nachdenken auf Die USA forderten die IRA am Dienstagabend auf, ihre Weigerung einer Waffenvernichtung zu überdenken. Die IRA ist nach Angaben ihres politischen Flügels Sinn Fein jedoch "keine Bedrohung für den Friedensprozess", dem sie sich verpflichtet fühle. Am Mittwoch sagte der führende Sinn Fein-Politiker Alex Maskey, von der IRA gehe keine Gefahr aus. In der IRA-Erklärung vom Dienstag hatte es weiter geheißen, die Bedingungen für das mit der Internationalen Entwaffnungskommission ausgehandelte Entwaffnungsangebot bestünden nicht mehr. Die "totale Zurückweisung" durch die UUP und die darauf folgenden "Handlungen" der britischen Regierung seien "völlig unannehmbar". Die UUP und ihr Parteichef, der zurückgetretene nordirische Erste Minister David Trimble, hatten nach Bekanntgabe der Vorschläge gefordert, die IRA müsse unverzüglich mit der Entwaffnung beginnen. Zuvor würden die Protestanten dem britisch-irischen Friedensplan nicht zustimmen. "Friedenswahrung ist eine gemeinsame Anstrengung" Die IRA betonte in ihrer Erklärung, die Untergrundorganisation werde die Entwicklungen nun genau beobachten. "Friedenswahrung ist eine gemeinsame Anstrengung", hieß es. Eine Sprecherin der britischen Regierung nannte den Schritt "bedauerlich". Vertreter der nordirischen Protestanten forderten von London eine härtere Haltung gegenüber IRA und Sinn Fein. Das Entwaffnungsversprechen sei ein rein "taktischer Schachzug" gewesen, kritisierte ein UUP-Sprecher. Ein Vertreter der radikalprotestantischen Democratic Unionist Party (DUP) sagte, London müsse nun "alles vom Tisch nehmen, was es der IRA angeboten hat". Der britisch-irische Friedensplan enthält eine Reihe von Zugeständnissen an die Katholiken, unter anderem eine Reform der überwiegend mit Protestanten besetzten Polizei und einen Teilabzug der britischen Armee. An der Frage der IRA-Entwaffnung hakt der nordirische Friedensprozess seit Jahren. Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte die IRA erstmals vorgeschlagen, ihre Waffen "unschädlich" zu machen. Trotz mehrerer Inspektionen der Waffenarsenale durch internationale Beobachter war die Entwaffnung aber keinen Schritt vorangekommen. Aus Protest gegen diesen Stillstand trat Trimble dann am 1. Juli diesen Jahres als Erster Minister zurück und löste die gegenwärtige Führungskrise aus. Weil die Protestanten dem britische-irischen Friedensplan ihre Zustimmung verweigerten, hatte London Nordirland am Samstag für 24 Stunden wieder seiner Direktverwaltung unterstellt. Mit diesem Verfahrenstrick wollte die britische Regierung den Konfliktparteien weitere sechs Wochen für Verhandlungen einräumen. Der politische Arm der IRA, die Sinn-Fein-Partei, übte scharfe Kritik an der Maßnahme und warf London vor, damit den Glauben der Katholiken an den Friedensprozess zu zerstören. Zusätzliche Brisanz erhielt der Streit durch die Festnahme von drei IRA-Mitgliedern in Kolumbien am Montagabend, die dort Guerillakämpfer der linksgerichteten Revolutionären Streitkräfte (FARC) an Waffen ausgebildet haben sollen. Der amtierende Erste Minister Reg Empey von der UUP warf der IRA am Dienstag vor, damit alle Bekundungen zum Gewaltverzicht zu unterlaufen. (APA/AFP/dpa)