Wien - In Österreich dominiere ein regelrechter "Ausverkaufsmasochimus" das wirtschaftspolitische Geschehen. Heimische Unternehmen würden an ausländische Interessenten verkauft, selbst dann, wenn es zumindest gleichwertige inländische Optionen gebe. "Das ist in keiner Weise nachvollziehbar", kritisierte Exfinanzminister Hannes Androsch im Gespräch mit dem S TANDARD .

Erst im Februar hatte sich der britische Risikokapitalfonds CVC von der Bank Austria (BA) den Zuschlag für den oberösterreichischen Faserhersteller Lenzing geholt. Androsch war gemeinsam mit Ludwig Scharinger, Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, abgeblitzt. Eine gerüchteweise Zusage von BA-General Gerhard Randa dürfte nicht gehalten haben.

Bayerischer Hilfszug

Mehr als das stößt dem "Salzbaron" aber die Übernahme der BA durch die bayerische HypoVereinsbank (HVB) sauer auf, wodurch "seine" Creditanstalt (CA) verschwindet. Randa habe in den letzten zehn Jahren die drei größten österreichischen Finanzinstitute "verwirtschaftet" und sich nun "in den zweiten bayerischen Hilfszug geflüchtet". Androsch: "Der Witz der Geschichte ist nur, dass die HVB noch schlechter dasteht als die Bank Austria." Die einstige "monetäre Visitenkarte" des Landes, die CA, sei nun in der "Bank-Un-Austria" untergegangen, die als Filiale der "fünften Bajuwarisierung" fungiere.

Andere Ausverkaufsbeispiele fänden sich in der Stromwirtschaft, wetterte Androsch. Aber auch Leykam oder Lenzing hätte man "sicher nicht" ans Ausland verkaufen müssen. "Wofür wir die deutsche E.ON beim Verbund oder den größten Atomstromproduzenten Europas, die französische EdF, als Teilhaber in der Steiermark gebraucht haben, kann mir niemand erklären." Nachsatz: "Den Vogel schießt aber wie immer der Bärentaler - nach dem Motto ,Österreich zuletzt' - mit der deutschen RWE in Kärnten ab. Da kann man sich nur ins Lachen flüchten."

"Unding" Waldverkauf

In anderen Ländern würde hingegen versucht, durch staatlichen Teilbesitz Firmenzentralen und damit wesentliche wirtschaftspolitische Entscheidungen im Land zu halten. Beispiele dafür reichten von den Kantonalbanken in der Schweiz über die einflussreichen Landesbanken in Deutschland bis hin zum Staatswald in Bayern. Nennenswerte Waldbestände zu verkaufen, wie dies derzeit die Bundesforste machen, sei schlicht ein "Unding".

Androsch selbst versucht seine Liebe zur österreichischen Industrie - und ertragreichen Engagements - durch das Interesse an Böhler-Uddeholm zu untermauern. Auch beim steirischen Edelstahlkonzern bestehe die "Gefahr", dass ausländische Fonds zum Zug kommen, die nur an der Profitmaximierung, nicht aber am Standorterhalt interessiert wären.

Zuletzt hatte auch Androschs Lenzing-Konkurrent CVC und eine nicht bekannte ausländische Großbank Interesse an Böhler bekundet. Die Staatsholding ÖIAG, die die Sperrminorität von 25 Prozent hält, will derzeit aber nicht verkaufen, hieß es. Interessant sei aber nur eine "Totalübernahme" von Böhler, die dem Vernehmen nach rund acht Mrd. S (581,38 Mio. EURO) kosten würde. (Michael Bachner, Der Standard, Printausgabe, 13.08.2001)