Nahost
Israel besetzt Gebäude des palästinensischen Rundfunks
Die Kontrolle über das Orient-Haus werde "für immer" behalten
Jerusalem - Einheiten der israelischen Armee haben
Sonntag früh nach palästinensischen Angaben ein Gebäude des
palästinensischen Rundfunk in Abu Dis am Stadtrand von Jerusalem
besetzt. Die Soldaten hätten das Gebiet um den mit EU-Hilfe
errichteten Sender abgeriegelt, der offiziell von der
palästinensischen Selbstverwaltung kontrolliert wird. Die
Radiosendungen wurden unterbrochen und das Gebäude durchsucht.
Ein Armeesprecher widersprach der Version. Das Gebäude sei Teil
eines größeren Komplexes, den Soldaten in der Nacht auf Freitag in
Abu Dis eingenommen hatten. Die Radiostation sei nicht neu besetzt
worden, man habe vielmehr nur eine Gruppe von TV-Kameraleuten aus dem
Haus gewiesen, die dort filmen wollten.
Orient-Haus "für immer" behalten
Sicherheitsminister Uzi Landau erklärte unterdessen im Militärrundfunk, Israel werde die Kontrolle über das Orient-Haus in Ost-Jerusalem "für immer" behalten.
Als Vergeltung für den verheerenden Selbstmordanschlag in Jerusalem vom Donnerstag hatte Israel in der Nacht auf Freitag das Orient-Haus, die inoffizielle palästinensische Vertretung im arabischen Ostteil Jerusalems, besetzt und dort die israelische Fahne hissen lassen. Das Vorgehen stieß international auf heftige Kritik.
Der rechtsgerichtete Likud-Politiker Landau sagte, die "israelische Souveränität und das israelische Recht" würden "für immer" auf das symbolträchtige Gebäude übertragen. Das Orient-Haus sei von Israel besetzt worden, um "terroristische Aktivitäten der palästinensischen Autonomiebehörde im Zentrum von Jerusalem zu verhindern", sagte der Minister. Wenn Israel das Gebäude eines Tages räumen sollte, müsse gesichert sein, dass das israelische Recht seine Geltung behalte.
Appell
Die palästinensische Führung hat an die internationale Gemeinschaft appelliert, die Schließung des Orient-Hauses nicht hinzunehmen. Der Fatah-Führer im Westjordanland, Marwan Barguti, rief für Montag zu einem Generalstreik in den Autonomiegebieten auf, um gegen das Vorgehen Israels zu protestieren. "Alle Araber und Moslems" sollten sich dem Generalstreik anschließen, um ihre Solidarität mit den Palästinensern zu bekunden.
Die palästinensische Polizei hat seit dem Terroranschlag auf eine Pizzeria in Jerusalem am Donnerstag insgesamt sechs mutmaßliche Terroristen festgenommen. Wie der israelische Rundfunk am Sonntag meldete, handelt es sich bei den Festgenommenen um drei Aktivisten der radikalen Hamas-Organisation und drei Angehörigen der extremistischen Gruppe "Islamischer Heiliger Krieg" (Jihad Islami).
(APA/Reuters)