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Foto: APA/AFP/Yoshikazu Tsuno
Philadelphia - Ein bislang unbekannter Photorezeptor im Auge steuert die innere Uhr des Menschen, haben Neurologen des Thomas Jefferson University Hospitals in Philadelphia entdeckt. In einer Studie mit 72 gesunden Teilnehmern untersuchten die Forscher die Wirkung von neun verschiedenen Wellenlängen des Lichts zwischen indigo und orange. Dabei identifizierten sie ein fünftes Photopigment auf der Netzhaut. Wurde dieses unterschiedlichen Lichtreizen ausgesetzt, reagierte die Zirbeldrüse im Gehirn mit einer veränderten Produktion des "Schlafhormons" Melatonin. "Dieser fünfte Photorezeptor scheint von den bekannten Rezeptoren, die das optische Sehen ermöglichen, völlig unabhängig zu sein", so Dr. George Brainard, Leiter der Untersuchungen. Bislang ging die Wissenschaft von nur vier Zelltypen auf der menschlichen Netzhaut aus, die Lichtreize erfassen und das visuelle System bilden. Die Zellen des ersten Typs, die so genannten Stäbchen, ermöglichen die Unterscheidung von "hell" und "dunkel", die drei übrigen Zellformen - die Zapfen - regulieren das Farbensehen. Für ihre Untersuchungen brachten die Forscher um Mitternacht ihre Probanden ins Labor - zu einem Zeitpunkt, da der Melatonin-Spiegel am höchsten ist. Die Pupillen der Freiwilligen wurden erweitert und dann für zwei Stunden geblendet. Anschließend nahmen die Mediziner Blutproben und setzten jede Person 90 Minuten lang dem Licht in einer bestimmten Dosis und Wellenlänge aus. Im Anschluss daran nahmen sie erneut Blutproben und stellten fest, dass blaues Licht den Melatonin-Spiegel am stärksten beeinflusst. "Das verspricht neue therapeutische Ansätze bei der Behandlung von Depressionen oder zyklischen Störungen", sagt Brainard. Da Melatonin zeitlich terminierte Abläufe im Organismus steuert - etwa Schlaf- und Wachphasen oder das Einsetzen der Pubertät -, können mit Hilfe spezieller Lichttherapien aus dem Gleichgewicht geratene Rhythmen wieder ins Lot gebracht werden. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob und wie Licht auch andere Körperfunktionen reguliert, beispielsweise Schwankungen der Temperatur oder der Leistungsfähigkeit. (pte)