Wien/Belgrad - Das internationale UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag sucht weiterhin nach Beweisen für eine Genozid-Anklage gegen den ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Die Untersuchung wegen Milosevics Verwicklung im Krieg gegen Kroatien und Bosnien-Herzegowina seien im Laufen, erklärte Jean-Jacques Joris, Berater der Chefanklägerin Carla Del Ponte, gegenüber dem Belgrader Radio B-92 am Donnerstag. "Eine der beiden Anklagen, vielleicht die zu Bosnien, könnte Genozid beinhalten", sagte Joris. Dies hänge vom Umfang der gefundenen Beweise ab. Den Kosovo betreffend, habe das Tribunal alle notwendigen Beweise für eine Anklage wegen Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit, so Joris. "Wir suchen nach jedem möglichen Beweis für jede Form von Verbrechen." Die Beweise würden jedoch im Fall des Kosovo nicht für eine Genozid-Anklage gegen Milosevic reichen. Unter "Genozid" werden Taten verstanden, die mit der Absicht begangen werden, eine Gruppe wegen ihrer Nationalität, Ethnizität, Rasse oder Religionszugehörigkeit zu verfolgen, zum Beispiel durch Mord, Folter oder Deportation von Kindern. "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" sind Taten gegen die Zivilbevölkerung, zum Beispiel Mord, Folter und Vergewaltigung. Milosevic ist seit 1999 vom Tribunal wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung im Kosovo angeklagt. Ende Juni wurde der ehemalige Präsident an das Tribunal ausgeliefert. (APA)