Dass Israel nach wie vor keinen Botschafter nach Österreich schickt, ist Sache seiner Regierung. Und wird von ihr auch gut begründet: Die Partei Jörg Haiders habe sich noch nicht ausreichend gewandelt, der Kärntner Landeshauptmann als De-facto-Parteichef habe mit seinen Äußerungen gegen Ariel Muzicant die Verbesserungen der Situation wieder "kaputtgemacht". Diese Position ist zu respektieren. Schwer zu verstehen ist hingegen die offizielle Begründung, warum man Österreich nicht mit Italien vergleichen könne, was die Regierungsqualität der beiden Länder betrifft. Berlusconi brauche zwingend keine Koalition für seine Regierung, heißt es. Er habe fast fünfzig Prozent der Mandate erobert. Das Kabinett in Wien hingegen sei von Haider abhängig. O-Ton von Außenminister Shimon Peres. Welch krause Argumentation. Warum hat der Berlusconi Rechtsradikale und Exfaschisten in seiner Crew, wenn er sie gar nicht braucht? Weil er sich bereits im Vorfeld der Wahl mit ihnen verbündet hat. Weil er Parteien auch mit seinem eigenen Medienapparat unterstützt hat, unter deren Mitgliedern nach Umfragen immer noch eine klare Mehrheit faschistischen Ideen nachhängt. Der neue italienische Regierungschef hat außerdem den weit rechts stehenden Postfaschisten Fini zur stärksten Figur seines Kabinetts gemacht. In Österreich ist das Innenministerium in der Hand eines relativ liberalen ÖVP-Politikers. Natürlich ist zu fürchten, dass Haider nie aufhören wird, die Faschismus-Karte zu spielen. Weil er ein aktiver Vulkan mit hohem Lavaausstoß ist. Andererseits wird gegenüber Österreich immer wieder mit zweierlei Maß gemessen. Österreich ist insgesamt "schuldig". Bei den Italienern wird jede Verstrickung mit der Vergangenheit entschuldigt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. August 2001)