Wien - Cricket ist beliebt. In England. Und überall dort wo die Engländer einmal etwas zu reden hatten. Folglich sind bloß zehn Nationen Vollmitglieder im International Cricket Council. Nur sie genießen die Ehre offizielle Testmatches bestreiten zu dürfen. Es sind dies: Australien, Bangladesch, England, Indien, Neuseeland, Pakistan, Südafrika, Sri Lanka, die West Indies, sowie Zimbabwe. Doch auch in Österreich spielen 500 Sportlern in neun Klubs. Bei der ECC-Trophy in Seebarn und Velden ab 11. August, einer Art B-Europameisterschaft der Amateure, kann man demnächst das aktuelle Niveau der heimischen Cricketer begutachten. "Cricket ist eine Philosophie. Es ist ein dynamischer, schneller Sport, in dem Reaktionsfähigkeit, Strategie, aber auch Fitness wichtig sind", beschreibt Karin Simpson-Parker, die Jugendbetreuerin des Verbandes ACA (Austria Cricket Association) und Gattin des Nationalteam-Captains sowie ACA-Vorstands Andrew, die Vorzüge dieser Sportart, die in Österreich nur von Männern betrieben wird. Kunst der Langmut Nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass Cricket noch nicht olympisch ist, ist die Bedeutung hierzulande nur marginal. "Internationale Matches dauern bis zu fünf Tage, es gibt aber auch eine Kurzform. Da wird an einem Tag etwa sieben Stunden gespielt", erklärt Simpson-Parker und liefert damit wohl auch schon einen Grund für die schlechte Vermarktbarkeit dieses Schlag- und Wurfspiels. Durch die fehlende olympische Anerkennung ist Cricket auch in der Bundessport-Organisation nicht vertreten, dadurch wiederum sind öffentliche Gelder kaum zu bekommen. Ein Spielfeld misst 120 mal 100 Meter im Oval und derart große Ausmaße haben bisher nur zwei Freiluft-Anlagen in Österreich ermöglicht, eben Seebarn nördlich von Wien und Velden. Die Hallenversion des Spiels (Dauer eine Stunde) erfreut sich aber ebenfalls wachsender Beliebtheit. Während in Australien oder Indien an allen fünf Spieltagen jeweils 100.000 Zuschauer die Stadien füllen, wird man bei der ECC-Trophy in Österreich wohl beinahe jeden Interessierten mit Handschlag begrüßen können. Die Cricketer und der Fußball Dabei könnte so mancher Fußball-Fan gewissermaßen aus "Dankbarkeit" ruhig einmal vorbeischauen: Englische Arbeiter brachten 1892 nämlich nicht nur das Cricket nach Österreich, sondern im Allround-Verein "Vienna Cricket and Football Club" wurde auch Fußball gespielt. Eine Gruppe von Gärtnern, die zur Pflege des Besitzes von Baron Rothschild auf der Hohen Warte engagiert war, kam den "Cricketern" aber zuvor und gründeten 1894 den "First Vienna FC" - und zwar durch die Anmeldung bei der K.u.K-Stadthalterei. Dies hatten die schon zuvor fußballerisch tätigen Cricketer versäumt und waren erst einen Tag später registriert. Auf ihre Fahnen schreiben dürfen sie sich allerdings den Sieg im ersten offiziellen ÖFB-Fußball-Spiel im März 1904 - einen 8:0-Sieg gegen First Vienna auf der Hohen Warte - ein Duell das in den Folge-Jahren zu einem wahren Derby wurde. Ins Licht Während der Fußball boomte, fristet Cricket seit vielen Jahrzehnten ein Schattendasein. Österreichs Team, angeführt vom gebürtigen Engländer Andrew Simpson-Parker, will nun einen ersten Schritt aus dieser Misere machen. Insgesamt zehn Nationalmannschaften kommen zur ECC-Trophy, das ACA-Team trifft in seiner Gruppe auf die Schweiz, Kroatien, Belgien und Griechenland. Für das Erreichen des Semifinales wäre der zweite Gruppenplatz nötig. "Da wir Gastgeber sind und die Spieler sich ja immer alles selbst bezahlen müssen, verfügen wir diesmal über unser stärkstes Team. Das Semifinale sollte möglich sein", hofft Karin Simpson-Parker. (red/APA)