Sie wurden massiv bedroht, die Filme wurden ihnen entrissen, und von öffentlichen Informationsveranstaltungen blieben sie ausgeschlossen: Journalisten, die Licht in ein von den Behörden dementiertes Grubenunglück im Süden Chinas bringen wollten. Tagelang kämpften sie aber weiter für die Pressefreiheit - und vermeldeten am Wochenende einen großen Erfolg. Die Behörden reagierten auf den Druck der Medien, schickten Ermittler nach Lajiapo und räumten erstmals ein, dass bei dem Unfall am 17. Juli mehr als 70 Arbeiter getötet wurden. Geld gegen Schweigen Vor einer Woche hatte eine Zeitung in Shanghai die Nachricht vom Tod der Bergarbeiter in Lajiapo in der Provinz Guangxi zuerst verbreitet und berichtet, den Familien der Opfer seien 20.000 Yuan (2.745 Euro/37.770 S) für ihr Stillschweigen bezahlt worden. Die Regierungsbehörde für Industriesicherheit wies den Zeitungsbericht jedoch als frei erfunden zurück. Auch die Verantwortlichen der Zinnmine bestritten einen Unfall. Erst nach weiteren Berichten bestätigten die Provinzbehörden am Mittwoch einen Vorfall, allerdings mit der Einschränkung, dass niemand getötet, verletzt oder eingeschlossen worden sei. Am Wochenende dann die Wende: Peking schickte Ermittler an den Unglücksort. Am Montag wurden schließlich harte Konsequenzen angekündigt. "Wer und welche Abteilung auch immer den Unfall vertuscht hat, wird ohne Gnade zur Verantwortung gezogen", zitierten die amtlichen Medien den Verwaltungschef der Region, Li Zhaozhuo. Bis ein offizieller Bericht über die Zahl der Toten vorliege, könne es aber noch Tage dauern, erklärte die Behörde für Industriesicherheit in Peking. Medienberichten zufolge werden noch mehr als 300 Arbeiter vermisst. Der Minenbetreiber ist in Polizeigewahrsam. Ihm wird eine Vertuschung des Unglücks vorgeworfen. Harter Kampf um Pressefreiheit Vorausgegangen war ein harter Kampf um die Pressefreiheit. Mit Beharrlichkeit blieben die Medien an dem Fall - obwohl sie ständig auf Widerstand gestoßen seien, wie die Reporter beklagen. Selbst die Journalisten des kommunistischen Parteiorgans "Renmin Ribao" werfen den Behörden auf ihrer Webseite vor, sie hätten sie ignoriert und sie fühlen lassen, dass sie "nicht willkommen" gewesen seien. Aufnahmen seien zerstört worden, und sogar die Telefonleitungen in den Ort seien gekappt worden, um die Bewohner an der Weitergabe von Informationen zu hindern. Die Kommunalverwaltung im Bergbaugebiet habe aus Furcht vor Steuerverlusten verhindern wollen, dass die Regierung in Peking Bergwerke schließt, schrieb "Renmin Ribao" auf ihrer Webseite. Die Eigner der Mine zahlten nach Informationen der Zeitung im vergangenen Jahr 80 Millionen Yuan Steuern. Bedrohte Journalisten flüchten Auch weitere Zeitungen berichteten am Sonntag und Montag von Behinderungen ihrer Arbeit. Die "Yangcheng Wanbao" schrieb, die Minenbetreiber hätten eine hunderte Mann starke bewaffnete Abwehrtruppe eingesetzt, um die Journalisten fern zu halten und die Bevölkerung zum Schweigen zu bringen. Anfang vergangener Woche habe ein Journalist fliehen müssen, nachdem er von Dutzenden bewaffneter Männer bedroht worden sei. Als er am kommenden Tag sich unter die Bewohner des Ortes gemischt habe, sei er erneut in die Enge getrieben worden. Zwei Männer hätten ihm Messer an den Hals und vor den Bauch gehalten, und einer habe gedroht: "Wenn du ein Journalist bist, bringe ich dich um." Grubenunglücke in China sind keine Seltenheit. Erst Ende Juli wurden bei einer Explosion in einer Grube 92 Arbeiter getötet. Im vergangenen Jahr kamen nach offiziellen Angaben allein in Kohlebergwerken 5.800 Arbeiter ums Leben. Neu ist aber die Beharrlichkeit, mit der die Medien über das Vertuschungsmanöver berichtet und die Behörden zu Ermittlungen getrieben haben. (APA/AP)