Teheran - Einen Tag vor der geplanten Vereidigung von Präsident Mohammed Khatami für eine zweite Amtszeit hat der geistliche Führer Irans, Ayatollah Ali Khamenei, am Samstag die Zeremonie vor dem Parlament überraschend auf unbestimmte Zeit verschoben. In einer von den staatlichen Medien verbreiteten Erklärung führte er verfassungsrechtliche Gründe an. Khamenei hatte erst am Donnerstag den Wahlsieg Khatamis im Juni offiziell bestätigt. Der Erklärung zufolge konnte sich das Parlament, in dem die Reformkräfte um Khatami die Mehrheit stellen, nicht auf die Ernennung dreier neuer Mitglieder des von Hardlinern beherrschten Wächterrates einigen. Gemäß der Verfassung müssen bei der Vereidigung Mitglieder des Wächterrates anwesend sein. In der Verfassung ist allerdings nichts darüber ausgesagt, ob alle zwölf Mitglieder dieses Gremiums bei der Zeremonie anwesend sein müssen. Die Erklärung In der Erklärung Khameneis heißt es: "Angesichts der Tatsache, dass im Parlament nicht das notwendige Votum zur Ernennung der Juristen für den Wächterrat zu Stande gekommen ist, und in Anbetracht der sich daraus ergebenden verfassungsrechtlichen Frage ist es notwendig, die Vereidigung des Präsidenten bis zur Klärung der Angelegenheit zu verschieben." Khatamis zweite Amtszeit begann formell bereits am Donnerstag mit der Bestätigung seiner Wahl durch das geistliche Oberhaupt. Vor seiner Vereidigung kann der Präsident allerdings kein neues Kabinett bilden. Der Streit um die Besetzung des Wächterrates ist offenbar ein weiterer Teil des Machtkampfs zwischen den konservativen Geistlichen um Khamenei und den Reformkräften um Khatami. Der Präsident wurde am 8. Juni mit 76,9 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Seine Anhänger erwarten von dem 58-Jährigen neben einer Verbesserung des Lebensstandards vor allem eine Liberalisierung des streng islamischen Lebensstils. In der ersten Amtszeit blieben aber zahlreiche Reformen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich in den Mühlen der vom konservativen Klerus dominierten Bürokratie stecken. Auch nach schweren Wahlniederlagen üben die Hardliner über nicht gewählte Institutionen wie dem Wächterrat eine umfassende Kontrolle aus. Studentenführer festgenommen Inzwischen ist ein Führer einer studentischen Reformbewegung festgenommen worden. Wie ein Mitglied der Islamischen Gesellschaft der Teheraner Amir-Kabir-Universität sagte, wurde der 22-jährige Amir Hossein Balili am Mittwoch zum zweiten Mal binnen einer Woche vom Revolutionsgericht in der Hauptstadt einbestellt und dann festgenommen. Seither gebe es keinen Kontakt mehr zu Balili. (APA/AP)