Wien/Graz/Linz/Eisenstadt/Bregenz - Am kommenden Dienstag tagt in Wien der Aufsichtsrat der Österreichischen Post AG. Am Programm stehen Gerüchten zufolge unter anderem die heißen Themen der künftigen Postämterstruktur und Organisation der Postzustellung. In beiden Fragen wird allerdings alles von der Universaldienstverordnung des Infrastrukturministeriums abhängen, mit der die Rahmenbedingungen für eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen nach einer Post-Liberalisierung gesetzt werden. Der Erlass dieser Verordnung wird allerdings nicht vor Herbst dieses Jahres erwartet. 2300 Schließungen laut internem Papier Nach einem Gespräch mit Post-Generaldirektor Anton Wais hatte Infrastrukturministerin Monika Forstinger (F) vergangenen Woche angekündigt, auch die Städte und Gemeinden in die Erstellung der neuen Universaldienstverordnung einzubinden. "Schon bisher war es gängige Praxis, dass wir im Falle einer Schließung die Bürgermeister miteingebunden haben", so Post-Sprecher Michael Homola. Ein Vetorecht der Gemeinden bei der Schließung von Postämtern ist für den obersten Post-Gewerkschafter Hans Georg Dörfler allerdings nicht denkbar. "Eine solche Regelung wäre verfassungswidrig. Das haben uns bereits einige Juristen bestätigt", sagte Dörfler. Bis zum Erlass der Post-Universaldienstverordnung wird die Österreichische Post AG keine Postgeschäftsstellen schließen. Ein internes Papier, das die Post vor der Aufsichtsratssitzung nicht bestätigen möchte, geht von der Schließung von 700 der insgesamt 2.300 österreichischen Postämter aus. Feibra-Übernahme Gerüchten zufolge könnte im Aufsichtsrat auch die Genehmigung der seit längerem verhandelte Übernahme des Werbemittelverteilers feibra durch die Post erfolgen, für die es im Herbst 2000 ein bedingtes grünes Licht seitens des Kartellgerichts gegeben hat. Die Post soll feibra in einem ersten Schritt mit 51 Prozent übernehmen und nach fünf Jahren weitere 19 Prozent dazukaufen. feibra setzt mit 120 Mitarbeitern rund 350 Mill. S um. Steiermark mit rund 100 gefährdeten Ämtern Seitens der Post wollte man nicht bestätigen, dass rund hundert Postämter aufgelassen werden könnten, doch existiert eine Wirtschaftlichkeitserhebung, die als Grundlage der Beurteilung dienen könnte. "Welche Postämter in der Steiermark weitergeführt werden und welche nicht, wird Thema der Aufsichtsratssitzung der Post AG Mitte kommender Woche sein", so Michaela Linhart von der Pressestelle der Post AG in Graz. Durch die Universaldienstverordnung (UDVO) solle bei der Weiterführung oder Schließung von Postämtern zwar den Gemeinden und Regionen ein Mitspracherecht zukommen. "Allerdings wird das Filialnetz in der derzeitigen Form "sicher nicht" aufrechtzuerhalten sein, so Linhart: "Wir wissen, welche sich rechnen und welche nicht." Schwarze Liste Beim VP-Gemeindebund ist man derzeit nicht über Gebühr besorgt. Von einer "schwarzen Liste" der Postämter ist nichts bekannt, man verlässt sich auf die "ständigen Kontakte" von Präsident Helmut Mödlhammer zu Infrastrukturministerin Monika Forstinger (F), die für die Einbringung der UDVO zuständig ist, so Nikolaus Trimmel vom Gemeindebund. Die SPÖ-Gemeindevertreter-Vereinigung hat bisher laut Geschäftsführer Hanns Eichhaber "noch keine Alarmrufe" von Bürgermeistern erhalten. "Es ist aber klar, dass die Gemeinden nicht die Leidtragenden bei Schließungen sein dürfen", so Eichhaber. Oberösterreich 100 Ämter betroffen In Oberösterreich gebe es keine konkreten Daten, ob und welches Postamt geschlossen werden soll, sagte Günther Pumberger, Präsident des Gemeindebundes. Sollte es zu einer Schließung in dem "einen oder anderen Ort" kommen, so werde die Post mit "jeder einzelnen" Gemeinde verhandeln, hätten Vertreter der Post zugesagt. Und dann werde man sich um eine "zumutbare Lösung" für die Bürger bemühen, so Pumberger. So könnte in den betroffenen Orten das Gemeindeamt zur Postannahmestelle werden. Aus dem Büro von Landeshauptmannstellvertreter Erich Haider (S) hieß es am Mittwoch, in Oberösterreich seien von den 420 Postämtern etwa 100 von der Schließung bedroht. Dies wurde aber von der Post nicht bestätigt. Wie ein Sprecher erklärte, gebe es noch keine Zahlen. Sollte es zu einer Schließung kommen, erfolge rechtzeitig die Kontaktaufnahme mit den Gemeinden. Dann werden Alternativen - wie Nahversorger, die Postagenden übernehmen - überlegt. Sollte ein Standort wirklich nicht mehr erhalten bleiben können, dann werde der Briefträger zum "rollenden Postamt". Für Burgenlands LH Niessl "falscher Weg" Im Burgenland stößt nicht nur die offensichtlich geplante Schließung von Postämtern, sondern auch der fehlende Informationsfluss seitens der Post auf Kritik. "Es gibt keinen Kontakt mit dem Land", so LH Hans Niessl. Niessl betonte aber, dass "seitens des Landes jedenfalls alles unternommen wird, damit die Versorgung des ländlichen Raumes mit den Dienstleistungen der Post aufrecht bleibt." Gerüchteweise war zu hören, dass vor allem das Südburgenland von der Stilllegung von Postdienststellen betroffen sein wird. Für den SPÖ-LAbg. Ernst Schmid - er ist Bürgermeister von Oggau - liegt auch die Vermutung nahe, dass man angesichts des Schließungskonzeptes an die Gemeinden herantreten wird, ihrerseits einen Beitrag zur Erhaltung einer Postamtes zu leisten. "So kann es nicht sein, dass man alles auf die Kommunen abschiebt. Das kann man sich nicht gefallen lassen." Niederösterreich hofft auf Postpartner Post-Sprecher Michael Homola: "Es wird in Niederösterreich auch zu Schließungen kommen." Details.In Niederösterreich hofft man nun verstärkt auf Alternativen zu Postämtern. In Würmla nahe Tulln hat mit 9. Juli der erste "Post-Partner" eröffnet. In einem Nah & Frisch-Markt besteht dort seither die Möglichkeit, neben dem Lebensmitteleinkauf auch Postdienstleistungen wahr zu nehmen. Das Pilotprojekt läuft, wie in anderen Bundesländern, bis Jahresende, so Homola. Das "Post-Partner-Programm" ist ein Konzept der Österreichischen Post AG, das Betrieben ermöglichen soll, in Gebieten, in denen die Weiterführung von Ämtern auf Grund geringen Kundenaufkommens wirtschaftlich nicht vertretbar ist, zusätzlich zum eigenen Angebot auch Postdienstleistungen zu offerieren. Gegen Postämter-Schließungen auf Kosten des ländlichen Raumes hat sich erst am Freitag der Dritte Präsident des NÖ Landtages, Johann Penz (V), ausgesprochen. "Einem massiven Anschlag auf die regionale Struktur und die Nahversorgung in Niederösterreich werden wir mit Sicherheit nicht zustimmen." Auch Ewald Sacher, der Klubobmann der SPÖ im NÖ Landtag, lehnt Pläne der Post ab, zahlreiche kleine Ämter zu schließen. Keine Zahlen für Tirol > Vor allem unter den Schalterbediensteten herrscht in Tirol "Verunsicherung" wegen des Reformkonzeptes der Österreichischen Post AG. Eine angebliche Schließung von 30 Tiroler Postämtern könne er nicht bestätigen, er habe inzwischen auch schon von 56 betroffenen Stellen gehört, erklärte ein Sprecher des Betriebsrates. Bekannt sei jedoch, dass in Tirol "nicht alle Postämter im Plus" seien. Heftig kritisiert wurden die Pläne der Post vom Tiroler VP-Bundesrat Georg Keuschnigg. Die "Drohung" mehr als 700 Postämter in ganz Österreich schließen zu müssen, sei "nichts anderes als das Eingeständnis, Entwicklungen in den vergangenen 30 Jahren verschlafen zu haben". Er orte "schwer wiegende strukturelle Versäumnisse der Post", da man erst jetzt mit der Erporbung von "alternativen Konzepten für Postversorgung" beginne. "Mit diesen Versuchen ist die Post zehn Jahre zu spät", erklärte Keuschnigg. In Kärnten 60 Ämter betroffen In Kärnten rechnet der Vorsitzende der Postgewerkschaft, Kurt Lasnig, damit, dass bis zu 60 der 213 Postämter betroffen sind. "Wir wissen derzeit nur, dass es eine Liste gibt, auf der bundesweit 712 Postämter aufscheinen, die still gelegt werden sollen", meint Lasnig. Die Gewerkschaft jedenfalls werde sich die betriebswirtschaftlichen Daten ganz genau ansehen, sobald diese vorliegen. Häupl: "Keine Schließungen in Wien" In Wien macht man sich um mögliche Schließungen von Postämtern nur wenig Sorgen. "Bei uns hat man die kleinen Ämter längst zugemacht und auf größere Einheiten zusammengezogen", hieß es auf APA-Anfrage aus dem Büro von Bürgermeister Michael Häupl (S). Die bestehenden Postämter hätten ein Einzugsgebiet von 30.000 bis 40.000 Einwohnern, "da kann man nichts mehr zusperren." Einem unbestätigten Plan zufolge will die Post bis 2002 österreichweit jedoch Verkaufsstellen nach dem Kriterium schließen, ob die Kosten um 2,8 Anteile höher sind als der dort erwirtschaftete Umsatz. Zugesperrt werden vermutlich auch jene 160 Postämter, die im Umkreis von 1.500 Metern von einem anderen Postamt konkurrenziert werden. Vorarberg: zwei Ämter geschlossen In Vorarlberg ist es bereits im April dieses Jahres zur Schließung von zwei Postämtern gekommen,in Gargellen und Hohenweiler. Als mögliche "Kandidaten" für weitere Schließungen wurden in Medien schon die kleinen Orte Thüringerberg, Schröcken, Damüls, Riefensberg, Doren/Schoren oder Langen bei Bregenz genannt, Bestätigung dafür gibt es aber keine. Selbst der Postgewerkschaft in Feldkirch sind für Vorarlberg derzeit keinen konkreten Post-Schließungspläne bekannt. Der zuständige Wirtschafts-Landesrat Manfred Rein (V) hat bereits vor einiger Zeit mit der Post AG und Ministerin Forstinger Gespräche geführt. Laut Angaben des Vorarlberger Gemeindeverband in Dornbirn wurde dabei vereinbart, dass zunächst wirtschaftliche Prüfungen erfolgen und bis zum Vorliegen der Ergebnisse nichts unternommen wird. Für den Fall der Fälle würden als notwendig erkannte Schließungen nur im Einvernehmen mit den betroffenen Gemeinden erfolgen. (APA)