Perfekt setzte Mercedes dieser Tage den Auftritt der fünften Generation der Sportwagenlegende SL in Szene. Als Kulisse dienten die Hamburger Deichtorhallen, zur Staffage gab's noch einen Auftritt von Altfaserschmeichler Lionel Richie, der mit einem auf dieses Fahrzeug gemünzten Duetterl die Charts zu stürmen gedenkt.Athletischerotisch Das will der noble deutsche Automobilkonfektionär ebenfalls, vermutlich mit besseren Karten als der US-Superstar. Denn was hier auf die Reichen dieser Welt zugelassen wird, wir sagen das mit aller gebotener Zurückhaltung, ist ein exklusives Traumauto (der Song dagegen ist ein bisserl mager). Der SL weckt schon im Stand Emotionen. Mercedes-Benz-Boss Jürgen Hubbert sagte, was er sagen musste, unter anderem und richtigerweise nämlich: "Der SL zeigt Muskeln, er ist nicht fett." Knackiger Po Die Designer haben also ein athletisch und erotisch anmutendes Fahrzeug hingestellt (dürfen Autos erotisch sein?). Man kann von Mercedes halten, was man will: In Sachen Styling macht denen keiner was vor. Der Blick schweift über die sanft geschwungene, gleichwohl kraftvoll modellierte Motorhaube, die muskulös taillierten Radkästen, den knackigen Po. Und dann dieser dezente Verweis auf die eigene Geschichte - der Neue greift die seitlichen Kiemen der ersten Baureihe, des legendären "Flügeltürers", auf, ohne in geschmäklerisches Retrodesign zu verfallen. Mount Everest Was dieser Sportwagen auf der Straße kann, können wir erst im Herbst bei der Fahrvorstellung ausloten. Zur Technik lässt sich aber schon jetzt Prinzipielles sagen. Der SL ist nämlich so etwas wie der Mount Everest unter den Automobilen. Er fasst alles zusammen, was heute an Spitzentechnik möglich ist (was noch nicht heißt, dass alles davon auch sinnvoll ist, doch das wäre ein anderes Thema). Weltpremiere Auf eines davon gehen wir ein, weil es eine Weltpremiere ist. Die Bremsen. Das SBC. Ein Kürzel mehr, das man sich merken sollte. Es steht für Sensotronic Brake Control, Deutsch können die Stuttgarter leider nicht mehr, und wir ersparen Ihnen die Übersetzung, indem wir dieses Geschwindigkeitsvernichtungssystem ganz einfach erklären. Endlicher Sturm und Drang Nach Österreich kommt der Zweisitzer, der dank Dachversenkzauber Coupé und Roadster in einem ist, als 500er, Kostenpunkt: 1.592.683 S (115.745 EURO). Das 306 PS starke 5-Liter-V8-Aggregat stürmt in 6,3 Sekunden von null auf 100 km/h, der Sturm und Drang endet bei 250 Sachen. Anfang 2002 folgt die AMG-Version (SL 55 AMG, 2.062.922 S), das Basiswerkl mit V6-Triebwerk folgt im September 2002, der V12 im April 2003. Weil es wegen der Globalisierung rund um den Globus immer mehr Reiche geben soll, besteht wohl auch an der Nachfrage kein Mangel. (AUTOMOBIL Print-Ausgabe, 3.8.2001)