Günter Traxler

Das war schon eine Enttäuschung. Da bietet der Kräuterpfarrer der "Kronen Zeitung, Hochwürden H.-J. Weidinger, nun jahraus, jahrein alle möglichen Latwerge gegen so gut wie sämtliche Leiden an, mit denen der Mensch seine erbsündliche Natur abarbeiten muss, nur gegen die lebensverkürzende Homosexualität hat er nichts Pflanzliches anzubieten. Einerseits klar aus seiner Sicht: Gegen das Widernatürliche ist kein natürliches Kraut gewachsen. Andererseits: Von den Ratschlägen des Kräuterpfarrers, wie er sie Dienstag im Kleinformat dargeboten hat, wollten die Schwulen und Lesben in ihrer Verstocktheit noch nie etwas wissen.

Sich da herauszuwinden, wenn man nicht über die dogmatischen Steherqualitäten eines Kurt Krenn verfügt, ist schwierig, selbst unter Anrufung der Heiligen Schrift. Sie bezeichnet die Homosexualität als schlimme Abirrung (I Tim, I,10). Was lässt uns Paulus dort ausrichten? "Man weiß doch, dass für einen Gerechten ein Gesetz nicht gegeben ist, wohl aber für Frevler und Unbotmäßige, für Gottlose und Sünder, für Unheilige und Gemeine; für solche, die sich an Vater und Mutter vergreifen, für Menschenmörder, für Unzüchtige und Knabenschänder, für Menschenräuber, für Lügner und Meineidige und was sonst noch der gesunden Lehre entgegen ist." Die Aufzählung der Abirrungen vom Gesetz ist da ziemlich weit gefasst, und Homosexuelle kommen darin ausdrücklich gar nicht vor, es sei denn, der Arbeiter im Kräutergarten des Herrn wollte Schwule und Lesben als Unzüchtige und Knabenschänder schlechthin bezeichnen.

Das will er aber - vielleicht - dann doch nicht. Denn ein paar Zeilen weiter räumt er ein, Homosexuelle haben aber diese Veranlagung nicht selbst gewählt. Für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Diesbezüglich ist zu bedenken: 1. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. - 2. Man hüte sich davor, diese Menschen in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen. Zum Beispiel so, wie es die Kirche tut, indem sie sie als Sünder diskriminiert: Homosexualität ist auf keinen Fall zu billigen.

Der Rat des Kräuterpfarrers an die Schwulen und Lesben ist dementsprechend dunkel. Als Christen sollen sie die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn vereinen. Wie etwa eine Lesbe die Schwierigkeiten, so ihr nicht aus eigener Veranlagung, sondern höchstens aus der des Eminenzenduos Krenn & Laun erwachsen, mit dem Kreuzesopfer des Herrn vereinen soll, kann man sich unter Christenmenschen selbst nach Gebrauch mehrerer Kräuterschnäpse nur schwer vorstellen. Vielleicht hilft in diesem Fall Klosterfrau Melissengeist, aber theologisch versierte "Krone"-Leser werden das ja bald in inspirierten Beiträgen erläutern.

Nicht nur Paulus muss herhalten, wenn es um die Schwulen geht, nein, auch die Zukunft des Menschengeschlechts. Homosexuelle Handlungen: 1. Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz. - 2. Denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Das gilt natürlich 1. auch für die vielen heterosexuellen Geschlechtsakte, bei denen mit Hilfe von Pille und Kondom die Weitergabe des Lebens ausgeschlossen bleibt. Und wenn 2. alle heterosexuellen Verstoßer gegen das natürliche Gesetz, statt auf die Schutzpatrone Ogino und Knaus zu bauen, auf die Idee kommen, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen, muss man sich wegen der Übervölkerung der Erde keine Sorgen mehr machen.

Nur in Kärnten könnte das anders sein. Dort droht ein neuer "Baby-Boom", wenn man der jüngsten Enthüllung in Andreas Mölzers blauem Wochenmagazin "Zur Zeit" glauben will. So recht glaubt es der unter C. G. Korneu schreibende Herausgeber selber nicht, irgendwie kann er es nicht fassen, dass die Kärntner in ihrer Fortpflanzungsbereitschaft ihrem Landeshauptmann mindestens so treu ergeben sein sollen wie er in seiner Verherrlichungsbereitschaft: Wenn wir da nicht einer Zeitungsente aufsitzen oder einer kräftigen Fehlinterpretation der Statistik, dann erlebt Kärnten gegenwärtig eine wahre Geburtenexplosion. Im Mai dieses Jahres ging nämlich österreichweit die Geburtenzahl neuerlich um 3,8 Prozent zurück. . . Verschont von diesem Geburtenrückgang blieb einzig und allein Kärnten und in weit geringerem Maße Vorarlberg. In unserem Heimatland wurden angeblich um ganze 16 Prozent mehr Kinder geboren als im Mai des Jahres 2000.

Dann kommt zwangsläufig, was kommen musste. Zwangsläufig muß man sich in diesem Zusammenhang nun die Frage stellen, ob das ganze etwas mit dem Kindergeld zu tun hat, welches bekanntlich bereits im laufenden Jahr in Kärnten eingeführt wurde, während die Bundesebene erst im nächsten Jahr nachzieht. Dass die Kärntnerinnen und Kärntner im September des vorigen Jahres schier zwangsläufig nur noch von dem Gedanken besessen waren, ihrem Landeshauptmann in der guten Hoffnung auf Kindergeld kleine Fans zu schenken, ist ein zu schönes Beispiel von Gefolgschaftstreue, als dass es nur in "Zur Zeit" erwähnt werden dürfte.

Aber ebenso gut könnten die Kärntner die Schwierigkeiten, die ihnen aus dieser Veranlagung erwachsen, mit dem Kreuzesopfer des Herrn vereinen, denn Pech, das Mölzer-Korneu-Noricus hat: Nur ein paar Tage später meldete die Statistik Austria, dass Kärnten bis 2030 mit dem stärksten Geburtenrückgang aller Bundesländer zu rechnen hat. Für diesen Schock wäre der Kräuterpfarrer um ein Remedium nicht verlegen: Ein Holleraufguss belebt die Sinne.