Eisenstadt - In Österreich rückte erst der grauenhafte Tod von vier Roma beim Sprengstoffanschlag von Oberwart im Februar 1995 die Volksgruppe in das öffentliche Bewusstsein. Als solche gesetzlich anerkannt sind sie erst seit dem 16. Dezember 1993. Offizielle Angaben über die Zahl der Sinti und Roma gibt es keine, Schätzungen des Romano Centro sprechen von rund 25.000, von denen der größte Teil in Wien lebt. Drei Viertel der österreichischen Roma fielen dem Holocaust zum Opfer. Maßgeblichen Anteil an der Verfolgung hatte der Burgenländer Tobias Portschy, im März 1938 von Hitler als Gauleiter eingesetzt. In den vergangenen Jahren hat sich für die Sinti und Roma in Österreich Vieles zum Positiven gewendet - die Anerkennung als Volksgruppe, die Gleichstellung der Häftlinge des "Zigeunerlagers" von Lackenbach mit anderen KZ-Häftlingen in der Frage der Opferfürsorge, ein Minderheitenschulgesetz für das Burgenland, das auch den Unterricht in Romanes vorsieht, die Gründung von Roma-Vereinen -, das "fahrende Volk" lebt aber vielfach noch immer buchstäblich am Rand der Dörfer und der Gesellschaft und leidet weit mehr als andere Österreicher unter Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung. Mit der Angliederung des Burgenlandes an Österreich 1921 kamen auch zahlreiche Sinti und Roma zu Österreich. Bereits in den zwanziger Jahren wurden sie ersten massiven Reglementierungen unterworfen. Nach einem Erlass der Landesregierung sollten sie am Umherwandern gehindert und teilweise ausgewiesen werden. In der katastrophalen wirtschaftlichen Situation der Zwischenkriegszeit suchte man nach Sündenböcken - und fand sie auch in der schwächsten Minderheit, bei den Sinti und Roma. In den dreißiger Jahren wurde die Atmosphäre immer feindseliger. Mit dem Erstarken des Nationalsozialismus wurde die "Zigeunerfrage" immer offener diskutiert. Der Südburgenländer Tobias Portschy, im März 1938 von Hitler als Gauleiter und Landeshauptmann eingesetzt, hatte bereits als "Illegaler" Stimmung gegen die Sinti und Roma gemacht. Er veröffentlichte eine Denkschrift ("Willst Du, Deutscher, Totengräber des nordischen Blutes im Burgenland werden, so übersehe nur die Gefahr, die ihm die Zigeuner sind."), deren Forderungen bereits auf die "Endlösung", die Ausrottung, hinweisen: Deportation, Sterilisation. Bereits in den Märztagen 1938 setzten unter Portschy prompt die ersten Verfolgungsmaßnahmen ein. Im Burgenland - und zwar in Lackenbach im Bezirk Oberpullendorf - wurde 1940 das größte "Zigeunerlager" auf österreichischem Boden eingerichtet. Von den über 4.000 Sinti und Roma, die hier unter unvorstellbaren Bedingungen interniert waren und zu schwersten Arbeiten herangezogen wurden, musste der überwiegende Teil den Weg in die Vernichtungslager der Nazis antreten. Ende 1945, kurz vor dem Herannahen der sowjetischen Truppen, wurde das Lager aufgelassen, die im Lager verbliebenen Häftlinge freigelassen bzw. sich selbst überlassen. Vor der Machtübernahme des Hitler-Regimes lebten an die 11.000 Sinti und Roma in Österreich, 8.000 davon im Burgenland. Drei Viertel dieser Minderheit fielen dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer. Zur menschlichen Tragödie kam auch noch der Verlust der Traditionen, denn in den Konzentrationslagern ging fast die gesamte Großeltern- und Elterngeneration zugrunde. (APA)