Wien - Von den Adressaten bemerkenswert vage kommentiert blieb bis Donnerstag der Sicherheitsbericht zum tschechischen Atomkraftwerk Temelín, den die EU-Kommission am Dienstag an Tschechien und Österreich verschickt hatte. Die Regierung in Prag ließ wissen, der Bericht müsse zuerst ins Tschechische übersetzt und der staatlichen Behörde für atomare Sicherheit (SUJB) übergeben werden, bevor eine Stellungnahme zu erwarten sei. Ein Zeitpunkt dafür wurde nicht genannt. Einen Entwurf für den nun versandten EU-Bericht hatte Tschechien schon vor rund einer Woche erhalten. Diesen Entwurf kommentierte damals SUJB-Chefin Dana Drabova. Sie sagte, der Bericht stelle nicht fest, dass die von Österreich aufgeworfenen Fragen so schwerwiegend seien, dass deren Lösung für die Inbetriebnahme Temelíns notwendig sei. Österreichs Umweltminister Wilhelm Molterer zeigte sich am Mittwoch mit dem EU-Bericht zufrieden. Für ihn bringe er die offenen Fragen Österreichs auf den Punkt. Um einen Fortschritt im Melker Prozess zu erzielen, sei es nun erforderlich, dass Tschechien "konkrete Lösungen" zur Sicherheitsfrage vorlege. Bedenken Wolfgang Kromp vom Institut für Risikoforschung der Universität Wien sagte am Donnerstag, der Endbericht müsse erst fachlich analysiert werden. Der voraus verschickte Entwurf aber habe Anlass zu Bedenken gegeben. Er habe den Eindruck vermittelt, dass EU-Beamte nicht - wie im Melker Dialog vereinbart - als Mediatoren, sondern als Schiedsrichter agiert hätten; und dies nicht hinreichend objektiv. Es seien zwar die österreichischen Bedenken wiedergegeben, aber in einen verharmlosenden Kontext gestellt worden. Grüne und SPÖ kritisierten, die Regierung müsste energischer gegen die für 10. August geplante Wiederaufnahme des Testbetriebs im AKW auftreten, um österreichische Interessen zu wahren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 8. 2001)