Wien - "Wenn ich Sie erwische, wie Sie Ihre Töchter zur Beschneidung bringen, zeige ich Sie bei der Polizei an." Die Biologin und Aktivistin der Afrikanischen Frauenorganisation (AFO), Sara Mohamed, redet entrüstet auf den Mann ein. Der hatte sich zuvor einer öffentlichen Diskussion zur weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) gestellt. Als einer von zwei Männern am Podium, die für die Beibehaltung von FGM eingetreten waren - aus traditionellen, religiösen, moralischen und hygienischen Gründen. Der dritte war dann doch nicht erschienen.Aufforderung an die Männer Im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung hat die Afrikanische Frauenorganisation vergangenes Wochenende die "Afrikanischen Männertage zur Diskussion über FGM" in Wien organisiert. Da viele FGM-Operationen auf Wunsch und im Interesse der Männer ausgeführt würden, so Etenesh Hadis von der AFO, sei es wichtig, die Männer in den Dialog mit einzubeziehen. Der Vertreter des Interafrican Committee (IAC), der afrikanische Gynäkologe Morissanda Kouyaté, forderte alle Männer auf, im Kampf gegen die Verstümmelung der Frauen mitzumachen. Das IAC setzt sich seit mehr als 20 Jahren aktiv für die Abschaffung der Beschneidungen von Frauen in 24 Ländern Afrikas ein. "Mutiger" Gesetzesentwurf In Österreich ist das Problem der weiblichen Genitalverstümmelung seit vergangenem Jahr einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, als der Fall eines Wiener Arztes bekannt wurde, der eine solche Operation durchführen wollte - DER STANDARD berichtete. Obwohl, so Ministerialrat Albin Dearing vom Justizministerium in Wien, FGM als "absichtlich zugefügte Körperverletzung" bereits heute strafbar sei, habe man sich als "Signal" dazu entschlossen, einen eigenen Gesetzesentwurf dazu einzubringen. Demnach soll "in eine Verstümmelung oder eine sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen, nicht eingewilligt werden" dürfen. Laut Dearing "ein mutiger Entwurf", der ÄrztInnen in Österreich ein eindeutiges Verbot auferlege. Weltweit sind mehr als 130 Millionen Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelungen betroffen. FGM sei aber, so der Tenor der Veranstaltung, weder religiös noch hygienisch oder moralisch zu begründen. In Österreich ließen laut einer Studie der AFO mehr als 30 Prozent der hier lebenden AfrikanerInnen ihre Töchter beschneiden. Illegal. (STANDARD-Mitarbeiterin Elisabeth Boyer) (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 30.7. 2001)