Erster Tag

Die Geschichte ist authentisch. "Könnte ich den König sprechen?" - "Welchen, es wohnen mehrere bei uns." Das waren Zeiten, als um die Jahrhundertwende abgesetzte europäische Potentaten hier monatelang residierten und Gäste samt eigenem Personal für mehrere Wochen blieben. Heute hat es der Geldadel eiliger. Ein paar Tage Meeting, ein diskretes Treffen mit der Bank, ein medizinischer Check, ein Besuch bei den Nachkommen im feudalen Internat, ein wenig Lobbying beim IOC (Internationales Olympisches Comitée). 102 Mio. Franken (mehr als 900 Mio. S) hat die Besitzer-Gesellschaft - Hauptaktionär ist die Stiftung Sandoz - in den Umbau investiert und jetzt kommt das Haus den Idealvorstellungen eines Palasthotels sehr, sehr nahe. Alte, elitär situierte Bausubstanz aus den Jahren 1861 und 1908, von See und Uferpromenade durch einen stattlichen Park getrennt.

Die Hallen und Salons sind großartig und erhaben, Spiegel, Luster, Antiquitäten und trotzdem fühlen sich auch Menschen, die üblicherweise kleinformatiger wohnen, wohl. Die Formalitäten dauern wenige Minuten, der Champagner im Salon ist vorbereitet, die Empfangsdame plaudert mit mir, als würde sie mich schon jahrelang kennen. Ich wohne in einem normalen Zimmer, oder was sich in einem Fünf-Sterne-Haus normal zu nennen pflegt. Es stimmt alles - mein Rosenstrauß harmoniert selbstverständlich mit den Leitfarben des Raumes, das Obst in der Schale ist reif - und die paar individuellen Wünsche werden prompt erledigt. Der absolute Pomp findet, wie üblich in solchen Häusern, in den Suiten statt. Ich würde dort nicht wohnen wollen, sie sind einfach zu erdrückend großartig. Eilig kann ich zwei besichtigen, sie werden schon wieder vorbereitet.


Zweiter Tag

Die Nacht war gut. Wie auch anders mit dem positiven Wetterbericht am Polster, dem unwiderstehlichen Bonbon daneben, von Seide umgeben. Bulgari-Kosmetika - ich dachte immer die machen nur Schmuck - im Bad und den vielen Give-aways in den Regalen. Tröstlich, dass sich in all der Perfektion noch ein paar Fehler entdecken lassen. Die Beleuchtung im Bad kommt direkt von oben, der Haarföhn ist schlecht und gegen den Kabelsalat im Zimmer ist dem Architekten auch nichts eingefallen. Sonst wäre es ja wie Weihnachten und Ostern zugleich. Ein sanfter Frühstücks-Verdauungs-Spaziergang in den alten Park, wo auch die Hunde ehemaliger Gäste begraben liegen - heute längst verboten. Dann raus ins bemerkenswerte Lausanne, worüber an dieser Stelle demnächst zu lesen sein wird.


Palasthotels und ähnliche Schlösser beeindrucken mich zwar nachhaltig, machen mich aber nicht "schmähstad". Das gelingt nur den hippen Designerhotels. Coole Perfektion zur Potenz, Mitarbeiter, die so gestylt und abgehoben sind, dass man sie kaum anzusprechen wagt. Models und Modellmöbel, wohin das Auge blickt.
Jedes einzelne Stück, und hier gibt es nur Einzelstücke, ist sorgfältigst platziert. Die Einzigen, die das allumfassende Design stören, sind die Gäste. Vielleicht geht es Haute-Couture-Berichterstatterinnen ebenso, man kommt sich vor wie ein Elefant im falschen Laden. Ich erinnere mich an ein karg-puristisches,


Informationen & Details

Anreise:
mit Swissair entweder über Zürich, oder besser noch über Genf nach Lausanne.
Zimmer und Preise:
169 Zimmer inkl. 29 Suiten und 27 Deluxe-Zimmer. Die Preise bewegen sich von 385 sFr bis 620 sFr für ein Zimmer. Die Junior-Suiten sind ab 890 sFr zu bewohnen und in den Luxussuiten residiert man ab 2500 sFr. Alles pro Nacht und ohne Frühstück. Dieses kostet extra 36 sFr. Kinder bis elf Jahre sind frei. Ein Franken ist rund neun Schilling.
Mitarbeiter: 280 gute Geister sind immer da, wenn man sie braucht, sie sind zumindest dreisprachig. Die Schulung ist exemplarisch gut. Luxushotels dieser Kategorie investieren große Summen in die Schulung und Motivation ihrer Mitarbeiter. Die "Hardwares" solcher Häuser sind einander sehr ähnlich, die letzte Entscheidung für den Gast ist das Service, das fehlerlos zu sein hat.
Gut zu wissen:
Aber auch in den besten Häusern kommen Fehler vor, oder es fehlen individuelle Notwendigkeiten. Es darf erwartet werden, dass jeder Wunsch erfüllt werden kann. Für jeden Gast wird eine eigene Kartei angelegt, die seine Besonderheiten - spezielles Bett, anderer Polster, Farbe der Blumen, individuelle Allergien, seltsame Essgewohnheiten und anderes mehr - registriert. Beim nächsten Mal ist alles perfekt. Auch mit Beschwerden können die geschulten Manager gut umgehen. In der Top-Hotellerie weiß man, dass ein verlorener Gast nie wieder kommt und daher viel kostet.