Kolkata - Im ostindischen Bundesstaat Westbengalen hat eine Koalition von 45 Frauengruppen Vergewaltigern bei der Polizei den Kampf angesagt. Sie will erreichen, dass gegen die Menschenrechtsverletzer in Uniform ermittelt wird. Unter dem Banner 'Maitree' (Freundschaft) widmen sich die Frauenorganisationen insbesondere dem Schicksal einer 17-jährigen Taubstummen, die im letzten September in Kolkata, dem früheren Kalkutta, von zwei Polizisten auf dem Weg vom Gerichtssaal ins Gefängnis vergewaltigt worden ist. Sexuelle Übergriffe der Beamten häufen sich Der Fall der nur 1,37 Meter großen Frau, den die Kriminalpolizei (CID) nach einer richterlichen Anordnung nun in allen Einzelheiten untersucht, hat Erinnerungen an etliche Vergewaltigungen durch Polizisten wachgerufen. Nach Erkenntnissen der Frauengruppen hat Westbengalen in dieser Hinsicht eine äußerst unrühmliche Geschichte. Seit 1977, betonen die Aktivistinnen, häuften sich sexuelle Übergriffe der Beamten. Eine lange Liste von Opfern Für Wirbel sorgte 1985 die Vergewaltigung eines stummen Mädchen im Distrikt Howrah. Gleiches gilt für die einer Professorin, die 1988 in ihrem eigenen Heim überfallen wurde. 1993 sollen sechs Beamte im Polizeirevier Phoolbagan über eine Obdachlose hergefallen sein, und im selben Jahr ist eine Elfjährige im Distrikt Nord-Dinajpur vergewaltigt und ermordet worden, mutmaßlich ebenfalls von einem Polizisten. Weiter war 1996 eine Minderjährige das Opfer einer Vergewaltigung in der Polizeistation Ultadanga in Kolkata. Die taubstumme Gungi, die ihren richtigen Namen nicht preisgeben möchte, war zum Zeitpunkt der Inhaftierung und Vergewaltigung 16 Jahre alt. Am 6. September 2000 wurde sie von der Polizei in Kolkota angeblich wegen der Verschuldung eines kleineren Diebstahls aufgegriffen und in das 'Presidency Jail' gebracht. Am Rückweg der Anhöhrung bei Gericht am 19. September griffen die Sicherheitsbeamten das mental leicht gestörte Mädchen in einer dunklen Gasse an und vergewaltigten sie. Nach Angaben von Rajashri Dasgupta von der Frauengruppe 'Sachetanata' (Bewusstsein), eine der 45 Organisationen, die sich um das Mädchen kümmern, ließ die Gefängnisleitung unmittelbar nach Übergabe der Inhaftierten einen Arzt kommen, weil Gungi haltlos weinte und ihr die Kleider in Fetzen vom Körper hingen. Gleich am folgenden Tag beschwerte sich die Gefängnisleitung bei der Alipore-Polizeistation über den Vorfall. Danach, so Dasgupta weiter, hätten sich Gefängnisleitung und Polizeibehörde in einer Serie von gegenseitigen Beschuldigungen ergangen. Die Frauengruppen hätten sich eingeschaltet, weil sich die Polizei konstant weigerte, die Vergewaltigung zuzugeben. Frauen-Koalition klagt In der ersten Märzwoche hat die Maitree-Koalition im Namen von Gungi Klage eingereicht und Entschädigung und medizinische Betreuung gefordert. Eine der Folgen des Verfahrens ist die nun angelaufene Untersuchung. Auch ein kostenloser Krankenhausaufenthalt wurde der jungen Frau gewährt, denn sie war hochschwanger als sie von den Frauengruppen nach längerer Suche ausfindet gemacht werden konnte. Schwangerschaft verhalf zum Erfolg Vor etwa zwei Wochen brachte Gungi ein Mädchen zur Welt. "Es ist bedauerlich, aber wäre sie während des Verfahrens nicht schwanger gewesen, hätten wir weniger Erfolg gehabt", sagt die Maitree-Sprecherin Shampa Sengupta. Wieder und wieder habe die Polizei versucht, Gungi für verrückt zu erklären und den Fall als null und nichtig abzutun. Seit sich die Kriminalpolizei eingeschaltet hat, schweigen die Polizisten. Inzwischen gab der mit der Untersuchung befasste Beamte, V. V. Thambi, zu: "Die Klägerin hat keinen Anlass, jemanden fälschlich der Vergewaltigung zu bezichtigen. (IPS)