Paris - Minderjährige Mädchen dürfen in Frankreich künftig auch ohne Zustimmung ihrer Eltern eine Schwangerschaft abbrechen. Die Nationalversammlung in Paris billigte am Mittwoch zudem abschließend die Verlängerung der Abtreibungsfrist um zwei auf zwölf Wochen. Das entspricht der Regelung in Deutschland und den meisten anderen europäischen Staaten. Die Regierung von Premierminister Lionel Jospin will mit der Reform die Zahl von 5.000 Frauen senken, die jährlich wegen der Zehn-Wochen-Frist zum Schwangerschaftsabbruch ins Ausland reisen. In Frankreich werden jedes Jahr etwa 220.000 Abtreibungen vorgenommen. Elterliche Genehmigung soll die Regel bleiben Die neue Regelung erlaubt es Minderjährigen, notfalls auch gegen den Willen der Eltern abzutreiben. Die jungen Frauen können im Konfliktfall von einem Volljährigen ihrer Wahl begleitet werden, etwa MitarbeiterInnen von Sozialverbänden. Die elterliche Genehmigung solle aber die Regel bleiben, betonte Sozialministerin Elisabeth Guigou. Sterilisation von geistig Behinderten Die Gesetzesvorlage, die das 25 Jahre alte Abtreibungsrecht liberalisiert, schafft zudem erstmals einen rechtlichen Rahmen für die Sterilisation von geistig behinderten Menschen. Diese ist nunmehr erlaubt, wenn andere Verhütungsmittel aus medizinischen Gründen nicht benutzt werden dürfen oder sich nicht effektiv einsetzen lassen. Die katholische Kirche kritisierte den nicht mehr rückgängig zu machenden Eingriff in die Unversehrtheit eines Menschen und warnte vor einer "Eugenik des Staates". Nach Informationen der Zeitung "Le Figaro" werden Sterilisationen Behinderter bereits heimlich oder im Ausland praktiziert. Genaue Zahlen fehlen. Der Zeitung "Liberation" zu Folge soll im Departement Gironde ein Drittel der geistig Behinderten unfruchtbar gemacht worden sein. Insgesamt gebe es in Frankreich etwa 500.000 geistig Behinderte. (APA/AP)