Wien - Auch wenn sich 52 Prozent der Österreicher laut einer "profil"-Umfrage für Sterbehilfe auf Wunsch eines Patienten aussprechen, ist aktive Euthanasie für Politiker und Experten kein Thema. Bei der parlamentarischen Enquete "Solidarität mit unseren Sterbenden - Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich" zeigten sich Dienstag die vier Parteien und die Experten einig im deutlichen Nein zur Sterbehilfe und im Bekenntnis zum Ausbau von Sterbebegleitung und Palliativmedizin. Bei ausreichender Solidarität komme auch bei Schwerstkranken der Wunsch nach Tötung nicht auf, meinte nicht nur Kardinal Franz König in der Eröffnung, sondern nahezu alle Redner. Dass in den Niederlanden vor kurzem die aktive Sterbehilfe erlaubt wurde, liege daran, dass dort die Palliativmedizin - also die medizinische Betreuung unheilbar Kranker - nur unzureichend entwickelt sei, meinte der Bonner Mediziner Eberhard Klaschik. Defizite wurden von Pratikern in der Sterbebegleitung sowie Ärzten auch für Österreich beklagt: Mangelhafte Ausbildung, zu wenig Mittel, zu wenig Palliativbetten in den Spitälern und zu wenig mobile Dienste für die Betreuung zu Hause. Derzeit gibt es 70 Palliativbetten, bis 2005 sollen sie laut Krankenanstaltenplan auf 275 ausgebaut werden, berichtete Gesundheits-Staatssekretär Reinhart Waneck (F). Vom ursprünglichen Plan, auf 400 aufzustocken, habe man aus Kosten- und Personalgründen abkommen müssen. Waneck bekannte sich aber zur Aufgabe der Politik, die Finanzierung einer humanen Sterbebegleitung zu sichern. In die Pflicht nehmen will er auch die Bundesländer, denn in diesem Bereich dürfe man nicht mit Almosen auskommen müssen. Caritas-Direktor Franz Küberl erhofft sich eine 50:50-Finanzierung durch Spitalsfonds und Länder. Derzeit sei die Situation Sterbender und Schwerkranker "prekär", stellte Caritas Wien-Direktor Michael Landau fest. Er würdigte zwar die "gute Absicht" der Politik, forderte aber endlich konkrete Schritte. "Wirklich erfolgreich ist diese Enquete dann, wenn sie dazu führt, dass die rechtlichen und finanziellen Grundlagen geschaffen und gesichert sind." Landau forderte u.a. eine Karenz für die Betreuung sterbender Angehöriger. Die Vorsitzendes des Dachverbandes Hospiz, Hildegard Teuschl, räumte ein, dass die Versorgung in den letzten Lebenswochen sehr teuer sei - und hofft, dass dies nicht zum "Dammbruch" für die Sterbehilfe führt. Wenn Sterbebegleitung ein Wert sei, müsse es gleichgültig sein, was sie kostet, meinte der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald. In Österreich sterben jährlich rund 85.000 Menschen, rund 400.000 Menschen aus dem Umfeld seien davon betroffen, erläuterte Teuschl. Seit 1989 arbeitet die Hospizbewegung in Österreich, mittlerweile gibt es landesweit rund 100 Initiativen und Dienste. Die rechtliche Lage in Österreich: Aktive Sterbehilfe ist strafbar. Das kann auch durch Patientenverfügungen nicht geändert werden. Passive Euthanasie, also die Unterlassung weiterer Behandlungsschritte, kann vom Patienten verlangt werden. Außerdem kann der Patient "die optimalste Schmerzlinderung verlangen, auch wenn sie sein Leben verkürzt" - was Univ.Prof. Christian Stadler (Uni Wien) als "indirekte Euthanasie" bezeichnet. International ist die Zulassung der aktiven Sterbehilfe der "seltene Ausnahmefall". Außer der gesetzlichen Regelung in den Niederlanden nannte der Mannheimer Univ.Prof. Jochen Taupitz nur noch eine in diese Richtung gehende Rechtsprechung in Japan und ein Gesetz in einem Teil Australiens, das von 1995 bis 1997 gültig war und von vier Personen genützt wurde. (APA)