Während hier im Titel auf jene menschenverachtenden Versuche aufmerksam gemacht wurde, die in den 30er-Jahren in Alabama an Afroamerikanern vorgenommen worden waren, überraschte er ein Jahr später mit Klezmermusik-Adaptionen: Dem amüsanten Album wurde sofort das Etikett "Black Jewish Music" umgehängt. Eine Latin-CD und ein aggressives Rap-HipHop-Projekt festigten Byrons Ruf als schillernder Querdenker, der sorgfältig Statements von intellektueller Prägnanz formuliert.
Und als Gegenspieler von Wynton Marsalis, dessen Neokonservativismus er ablehnt. "Der afroamerikanische Musiker wird im Allgemeinen zumeist als Vollender seiner selbst, nicht als ein Weltreisender, nicht als vielseitig informierter Betrachter wahrgenommen", äußert sich Byron zu seiner Vielseitigkeit. Und wirft damit die Frage auf: Liegt der Rummel um seine Person auch im Umstand begründet, dass sich hier ein Afroamerikaner den Luxus leistet, sein postmodernes Weltbild musikalisch zu reflektieren?
Wie denn auch anders? In der New Yorker Bronx aufgewachsen, standen Mozart, Calypso- und Salsabands, Jimmy Giuffre und die Klezmer Conservatory Band an seinem Sozialisationsweg; Daniel Barenboim, Suzanne Vega, Vernon Reid und Langzeitgefährte Uri Caine heißen heute einige seiner Partner. Was Wunder auch, dass Byron als eigentlichen "Mentor" wiederum einen ganz anderen Musiker nennt: Igor Strawinsky. "Ich betrachte ihn als einen Komponisten, dessen Beziehung zum Mainstream der Konzertmusik genauso distanziert ist wie meine."
Insofern sollte man nicht allzu überrascht sein, wenn Don Byron heute Abend mit seinem Sextett und dem Klangforum Wien die Bühne betritt und neben eigenen Piecen kammermusikalische Raritäten aus dem Oeuvre des 1971 verstorbenen Maestro darbietet. Morgen, Mittwoch, stellt Byron sein New Quintet vor; am Freitag lässt er den Inhalt seiner Ende letzten Jahres publizierten CD A Fine Line: Arias and Lieder live hören.