Washington/Wien - US-Generäle sind in der Regel wenig gesprächig, doch die Rundumrevision der amerikanischen Militärdoktrin, mit der US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld das Pentagon seit nun vier Monaten auf Trab hält, hat auch mit dieser Tradition aufgeräumt. Die Generäle sind alarmiert über Gerüchte, denenzufolge mit der Orientierung nach Asien zwei der derzeit zehn aktiven Armeedivisionen eingespart werden sollen. Vor allem die Pazifikkommandanten wollen bei der Neuverteilung der Karten ihren Einfluss sichern. Japan werde im Zuge der Neuorientierung der USA von Europa nach Asien zum Zentrum der neuen Sicherheitsstrategie, versicherte etwa Paul Hester, der Oberkommandierende der US-Streitkräfte in Japan, Anfang Mai in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters: "Japans geographische Lage bietet eine wunderbare Gelegenheit, diese neue Vision umzusetzen." Neue Basen im Pazifik Tatsächlich gilt Asien als Hauptschauplatz der geplanten Raketenabwehr und die Bedrohung der USA durch Chinas und Nordkoreas Atomarsenale als der strategische Konflikt der nächsten Jahrzehnte. Doch gleichzeitig scheinen Rumsfelds Raketenpläne innerhalb der US-Militärführung zunehmend umstritten und die geplanten Neuausgaben Gegenstand heftiger Rivalität zwischen Navy und Air Force. So empfiehlt die Rand Corporation dem Pentagon in einer neuen Studie den Ausbau des Pazifikstützpunkts Guam zu einer Drehscheibe für den Militäreinsatz in Südostasien. Die US-Truppen sollen auf die Philippinen zurückkehren - Washington räumte 1992 seine Militärbasis - heißt es weiter in der Studie, die im Auftrag der Air Force erstellt wurde. Rand plädiert auch für neue Stützpunkte auf Japans südlichsten Riukiu-Inseln, nur noch 250 Seemeilen entfernt von Taiwan, was größeren Schutz für die abtrünnige chinesische Provinz bedeute. Navy-Admiral Dennis Blair, Chef des auf Hawaii beheimateten US-Pazifikkommandos, sieht das anders. Blair bezweifelt zumindest, dass China eine große Bedrohung für die derzeitigen US-Basen darstellt. "Wir haben die Mittel, um Luft- und Seestreitkräfte überall, wo wir in der Region wollen, einzusetzen, und wir können das auch noch geraume Zeit." Noch unverblümter äußerte sich der frühere Armeechef Gordon Sullivan. Er sorgt sich, dass Rumsfeld eine "Welt schaffen will, in der wir uns hinter unserer Raketenabwehr verstecken können" und die ähnlich wie einst Frankreichs Maginot-Linie nach dem Ersten Weltkrieg sei - teuer, aber nutzlos. (mab/DER STANDARD, Print, 28.5.2001)