Erlangen - Die derzeit diskutierte Zulassung der Embryonen-Forschung in Deutschland würde nach Ansicht einer Expertin zu einem tief greifenden Wandel der Gesellschaft führen. "Wenn ein Embryo nur noch als Rohstoff angesehen wird, führt das zu einem entmoralisierten Menschenbild", sagte Ingrid Schneider, Mitglied der Enquete-Kommission "Recht und Ethik in der modernen Medizin" im Bundestag, am Freitag am Rande des Kongresses "Medizin und Gewissen" in Erlangen. Der Verbrauch von Embryonen für die Forschung würde zudem die Praxis der Reagenzglasbefruchtung verändern. "Ärzte würden zur absichtlichen Produktion überzähliger Embryonen veranlasst. Um die Zahl entnehmbarer Eizellen zu steigern, müssten Frauen dabei verstärkt Hormone verabreicht werden", sagte die Politologin. Neben der Gefahr einer hormonellen Überstimulation berge dieses Vorgehen auch andere gesundheitliche Risiken. So kann es bei der Entnahme der Eizellen zu Verletzungen kommen. "Würden mehr Eizellen als bisher entnommen, würde auch die Gefahr durch die längere Dauer des Eingriffs steigen", kritisierte Schneider. Druck auf Frauen "Sollte die Methode genehmigt werden, könnte als nächster Schritt das 'Therapeutische Klonen' folgen", ist Schneider überzeugt. Dieses sieht vor, dass mit dem Erbgut eineR PatientIn neues Gewebe gezüchtet wird. Erbmaterial aus Zellen eines Kranken wird dabei in eine zuvor entkernte Eizelle gespritzt. Diese teilt sich mehrfach und reift zu einem Embryo heran. Dessen gesunde Zellen könnten dann laut Schneider zur Züchtung von den Geweben genutzt werden, die ihr krankes Pendant im/in der PatientIn ersetzen sollen. Für eine erfolgreich klonierte Stammzelllinie müssten rund 300 Eizellen eingesetzt werden. Diese müssten aber erst einmal produziert werden: "Dabei könnten Frauen unter den sozialen Druck geraten, Eizellen für ihren Vater oder die Schwiegermutter zu spenden", glaubt Schneider. Die Alternative seien kommerzielle Eizellspende-Programme zur Massenproduktion des "Rohstoffes Embryo". (APA/dpa)