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New York - Einen Monat nach ihrer Einführung bereitet das neue Dezimalsystems bei den Aktienkursen an der US-Computerbörse Nasdaq den Händlern großes Kopfzerbrechen. Das Problem besteht darin, dass die Kommissionen, die sie für ausgeführte Orders erhalten und die auf dem vorherigen Bruchsystem basieren, dahin schmelzen. Die "Dezimalisierung" der Kurse, statt der traditionell verwendeten Bruchanteile von Dollar wie 1/16 oder 1/8, nützt vor allem den Investoren. Denn dadurch verringert sich in den meisten Fällen die Differenz zwischen den besten Verkaufs- und Kaufkursen und sorgt so für bessere Preise. Diese geringere Differenz mindert jedoch auch die Einkommensbasis der großen Handelshäuser wie Merrill Lynch, Morgan Stanley, Goldman Sachs, Credit Suisse First Boston und Lehman Brothers. Bisher verdienten die Investmenthäuser beim Handel mit Nasdaq-Titeln für institutionelle Kunden auf einer sogenannten "Netto-Basis", das heißt sie steckten einen Teil der Differenz zwischen Verkaufs- und Kaufkurs in die eigene Tasche. Unter dem Bruchsystem betrug dieser Spread zumeist 1/16 Dollar, also etwa sechs Cent. Der Gewinn der Händler tauchte auf dem Papier nicht auf, war aber in diesen sechs Cent versteckt und betrug in der Regel drei Cent. Mit der Dezimalisierung ist der Spread aber auf drei, zum Teil sogar nur zwei oder einen Cent geschrumpft. Der Gewinn halbierte sich damit oder verschwand völlig - die großen Nasdaq-Handelshäuser waren konsterniert. Wechsel des Kommissionssystems Um dem Problem zu begegnen, haben die Häuser inzwischen mit ihren großen institutionellen Kunden gesprochen, um zu einem Kommissionssystem zu wechseln, wie es an der New York Stock Exchange (NYSE) bereits üblich ist. Händler und Klient vereinbaren dabei einen festen Prozentsatz als Kommission für das Handelshaus, womit gleichzeitig die zusätzlichen Handelskosten explizit und nicht mehr versteckt werden. Allerdings müssen die Kunden dem neuen System zustimmen. "Jeder einzelne Kunde kann bestimmen, wie er seine Aktien von uns gehandelt haben möchte", sagt Tim Grazioso, Chef-Nasdaqhändler bei Cantor Fitzgerald in New York. Die institutionellen Anleger scheinen dem neuen System aber aufgeschlossen zu sein. "Ein solcher Wechsel ist eine Win-Win-Situation für alle", meint Leo J. Smith, Händler bei Putnam Investments, weil die Händler jetzt praktisch als Agenten arbeiten und deshalb gezwungen sind, Verkäufer und Käufer für eine feste Kommission zusammenzubringen. Zuvor hätten die Händler ihr eigenes Kapital riskiert, um Verkaufs- und Kauforders zu verbinden - eine Praktik, die man bis vor kurzem an der Nasdaq als "market making" bezeichnet hat. (APA/vwd)