Einen "Pennbruder" nannten sie ihn in einer
TV-Postille, bloß weil er kurz Vollbart trug. Sie
wurde von einem anonymen Zuschauer als
"schamlose Hure" beschimpft. Das
Schauspielerehepaar Dietmar Schönherr und Vivi
Bach hatte es lustig, als es in der Fernsehantike
von 1969 bis 1972 die öffentlich-rechtliche
Familienshow "Wünsch dir was" moderierte. Eine
Show, die gesellschaftskritisch sein sollte. In der
es aber auch zu vielen kleinen Skandalen kam.
Da war die Kandidatentochterbluse mit
Durchsicht. Die Mutter, die sich fast nicht mehr
aus dem untergehenden Auto befreien konnte.
Eine Münzsammlung, in die man greifen sollte,
wurde von einer Schlange bewacht. Und
Friedensreich Hundertwasser, der mittlerweile
verstorbene österreichische Maler, verzierte die
Fenster der Kandidatenwohnungen. Auch eher
ungewöhnlich für das damalige Fernsehen: Esther
Vilar stellte ihre Thesen zum "dressierten Mann"
vor. Die Reaktionen auf die langhaarige TV-Show
in einer Zeit, als das Fernsehen noch Kurzhaar
und Hornbrille trug, gaben ihren Erfindern
natürlich Recht. Die Provokation war gelungen.
Heute wird die Show als vorbildhaft bezeichnet:
Vorbildhaft nicht zuletzt für die zahlreichen
Reality-Soaps, die seit "Big Brother" den
Fernsehmarkt überschwemmen. Die Lust an der
Beobachtung von Menschen in extremen
Situationen war schon damals groß, heißt es. Und
das interaktive TV ist auch keine Erfindung von
"Big Brother"-Produzent Endemol, der das
Kandidaten-aus-den-Container-Wählen
populär machte: In "Wünsch dir was" wurden die
Zuschauer aufgefordert, ihre Zustimmung durch
Aufdrehen von Lichtschaltern zu demonstrieren.
Ein Herr in der Stromversorgungszentrale gab
dann die Zuwächse des Wattverbrauchs
bekannt. So war das in der Fernsehantike. (Peter Illetschko/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23/24.5.2001)