Wien - Unter den Männern nimmt der Anteil der Raucher eher ab, bei den Frauen steigt er. Doch eine dritte Gruppe an potenziell Geschädigten wird zumeist in den öffentlichen Diskussionen rund um den Tabakkonsum vergessen: die Passivraucher, unter ihnen auch buchstäblich "wehrlose" Kinder. Für die Experten der Österreichischen Gesellschaft für Lungenerkrankungen und Tuberkulose sind die rauch-geschädigten Kinder besonders schutzwürdig. Dies stellten Vertreter der Gesellschaft am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien fest. Rauchen in der Schwangerschaft "Der schädigendste Faktor ist das Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft. Diese Frauen sorgen dafür, dass ihre Kinder mit bereits existenten Lungenschäden zur Welt kommen. Passivrauch belastete Kinder erkranken später häufiger an schweren Virusinfektionen der unteren Atemwege und wesentlich häufiger an Mittelohrentzündungen. Der Plötzliche Kindestod ist unter ihnen drei bis vier Mal häufiger", erklärte der Präsident der Gesellschaft, Univ.-Prof. Dr. Maximilian Zach, Leiter der Klinischen Abteilung für Pulmologie und Allergologie an der Grazer Universitäts-Kinderklinik. Die Fachgesellschaft hält in den kommenden Tagen (24. bis 27. Mai) in Graz ihren Jahreskongress ab. Dabei geht es speziell um das Passivrauchen und dabei insbesondere um die belasteten Kinder, die sich am allerwenigsten gegen den Qualm ihrer Eltern zur Wehr setzen können. Zach: "Für mich ist das eine Form der Kindesmisshandlung." Auch Erwachsene geschädigt Zum Teil hören Österreichs Eltern nicht einmal mit dem Griff zum Glimmstängel zu Hause auf, wenn ihre Kinder bereits chronische Lungenerkrankungen wie Asthma oder gar Mukoviszidose (zystische Fibrose) haben. Der Grazer Kinderarzt und Lungenspezialist Univ.-Prof. Dr. Maximilian Zach: "Wir haben vor zwei Jahren eine Studie mit den Kindern unserer Ambulanz gemacht. Ein Drittel von ihnen haben erhöhte Cotinin-Werte (im Harn) gehabt." Cotinin ist das Abbauprodukt des Nikotins. Die Kinder waren also trotz ihre schweren chronischen Lungenerkrankungen weiterhin zu Hause dem Tabakrauch ausgesetzt. Doch auch bei den Erwachsenen wird oft das Ausmaß der durch Passivrauchen ausgelösten Schädigungen noch immer unterschätzt. Univ.-Prof. Dr. Werner Schlick von der Abteilung für Herz- und Thoraxchirurgie der Universitätsklinik in Wien: "(Nichtrauchende, Anm.) Frauen, deren Partner rauchen, haben ein um 24 Prozent erhöhtes Lungenkrebsrisiko. Männer mit einer rauchenden Partnerin haben ein um 34 Prozent vermehrtes Risiko." Krebsrisiko In den USA rechnet man damit, dass pro Jahr rund 3.000 Nichtraucher an Lungenkrebs durch Passivrauchen erkranken. In Österreich dürften es laut Schlick rund 100 Fälle pro Jahr sein. Wichtig wäre eine vermehrte Bewusstseinsbildung in der österreichischen Gesellschaft, die den Rechten der Nichtraucher zum Durchbruch verhilft. Dr. Sylvia Hartl, Oberärztin am Otto Wagner Spital in Wien: "Im ArbeitnehmerInnen-Schutzgesetz ist eindeutig festgelegt, dass der nichtrauchende Arbeitnehmer vor den Einwirkungen des Rauches an seinem Arbeitsplatz zu schützen ist." Von einem Schutz der Raucher, dass sie am Arbeitsplatz unbedingt rauchen dürfen, spricht das Gesetz laut der Expertin nicht. (APA)