Wien - Auf die Bioethikkommission des österreichischen Bundeskanzlers warten jene Fragen, die seit Wochen in den deutschen Feuilletons heftig diskutiert werden. O Soll bzw. darf man die verbrauchende Embryonenforschung erlauben? O Soll man Präimplantationsdiagnostik (PID) zulassen? Während es in der Frage der Embryonenforschung vor allem um die Frage geht, wann das Leben und damit sein Schutz beginnt, wird die Frage nach der PID von der Sorge dominiert, es könnte verstärkt zu einer Tendenz in Richtung "Selektion" kommen, an deren Ende das "Designerbaby" stünde. Auch in den praktischen Fragen gibt es Parallelen: Der Bioethikrat, den der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder berief, wurde von Kritikern wegen des hohen Anteils an Befürwortern einer Liberalisierung als "pharmazeutisch-industrieller Legitimationsrat" bezeichnet. Der evangelische Theologe Ulrich Körtner, Professor für Systematische Theologie in Wien und gremienerfahrener Ethiker, hält auch die Vorgangsweise von Wolfgang Schüssel für problematisch. Die Vorstöße in Richtung Freigabe der Embryonenforschung , die der seit langem designierte Kommissionsvorsitzende Johannes Huber unternahm, "gefährden schon im Vorfeld die Reputation und Unabhängigkeit" des Gremiums, meint Körtner. Für den Theologen, der sich dem Vernehmen nach dennoch zu einer Mitarbeit in der Kommission bereit erklärt hat, zeichnet sich "hinter den Kulissen" ein "parteiübergreifender Konsens" ab, Biotechnologie und Biomedizin in Österreich nachhaltig zu fördern. "Besondere Aufmerksamkeit" verdiene dabei die von ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger im STANDARD geäußerte Zustimmung zum Huber-Vorstoß. Die ÖVP, so Kört- ner, halte sich "in Fragen der Biomedizin nicht mehr an den Papst in Rom und die lehramt- liche Position der römisch-katholischen Kirche, sondern an den Hormonpapst in Wien". Körtner wendet sich besonders gegen Rasingers Formulierung, wonach es um eine "begleitende ethische Kontrolle" gehe. Dahinter verberge sich nämlich die Gefahr, dass die Bioethik "ins Schlepptau der Biopolitik" und der Interessen von Biotechnologieunternehmen gerate. Damit würde die Ethik zum "Feigenblatt der Biopolitik" degradiert. (fle)